Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträge Nr.4 zur Wiener Diözesangesdiidite BE^I LAOE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nt. 7 {JulH?62) 100, Jahrgang 3.Jahrgang Wien;1. Juli 1962 Inhalt: 10. Möns. Franz Xaver Stauracz (1855/1918). Jugend- und Lehrerseelsorger, apologetischer und politi scher Publizist. — 11. Regesten der Pfarre Michelstetten (Fortsetzung). 10. Möns. Franz Xaver Stauracz (1855/1918)" Jugend- und Lehrerseelsorger, apologetischer und politischer Publizist. Dr. Franz L o i d 1 Ist im Konkordatsjahr 1855, am 22. November, ge boren, was wie ein Hinweis dafür gelten mag, daß er seine spätere Berufstätigkeit ganz für die Durdidringung von Schule und Politik mit christlichem Geist einsetzen wird: Sohn eines Handwerkers, d. i. Kleinmitteiständlers®), was wie ein Vorzeichen dafür er scheint, daß er dereinst an der Seite des VoUtsbürgermeisters Dr. Karl Lueger für diese Volksschichte strei ten wird; aus dem ersten katholischen Jünglingsverein des „guten P. Tendier"®) hervorgegangen, was wie eine Vorherbestimmung dafür anzusehen ist, daß er einmal wie dieser charismatisdie Jugendapostel Wiens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts seine Zeit und Mittel für die männliche Jugend verwenden wird. Wurde nadi seinem für Priester erforderlichen Studien- und Bildungsgang an der katholisch-theo logischen Fakultät und im Alumnat am Stephansplatz am 23. Juli 1882 als 15. von 16 Mitalumnen im Ste phansdom geweiht*). Feierte am 6. August als AltMitglied des Katholischen Jünglingsvereins an dessen 25. Jubeltag die Primiz in der schönen Kapelle des k, k. Waisenhauses (heute e. b. Priesterseminar) in der Boltzmanngasse (Wien IX.) und nach dem assi stierten Hochamt®) mit einem Festbankett daselbst und am Nachmittag mit Akademie, an der auch Kar dinal Gangibauer und der Apostolische Nuntius Vanu ■ telli teilnahmen®). Kam als Nachfolger des nach Stodcerau versetzten Kooperators Otto Eigner') am 13. September nach Laa a. d. Thaya. Leider war infolge des Fehlens von Aufzeichnungen in der Pfarrchronik über seine drei jährige Seelsorgs- und Schultätigkeit daselbst nichts zu erfahren*'). Wurde am 25. August 1885 durch den Neupriester Augustin Pollak abgelöst") und nun zum Kirchendirektor und Spiritual bei den Guten Hirtinnen in Wien V., Ecke Einsiedler-Siebenbrunnengasse er nannt, wo er ausgerechnet 33 Jahre lang eine Wirk samkeit entfalten sollte, die man füglich mit: Ein Priesterleben voll Selbstlosigkeit, Rastlosigkeit und Vielseitigkeit überschreiben könnte und damit tref fend charakterisieren dürfte, Die klösterliche Niederlassung war 1867 vom Pro vinzhaus in Wiener Neudorf aus gegründet worden und hatte eine Arbeitsschule für verlassene Kinder des V. Bezirkes (Margareten) und ein Asyl für Korrigendinnen und Büßerinnen angeschlossen^®). Gemäß ihrer Stiftung^*^) widmen sidi die Guten Hirtinnen — eigentlich Schwestern ULFr. von der Liebe des guten Hirten geheißen — der Pflege und Sorge um gefal lene und sittlich gefährdete weibliche Personen und der Leitung von Mädchenpensionaten. Der ideale Prie ster erlebte hier manch bittere Stunden, wenn die be reits gefügig gewordenen Korrigendinnen von außen her — die Anstalt lag in der Siebenbrunnengasse 78/'76 — zu Revolten aufgestachelt wurden. Doch war das nur zeitweise und wurde aufgehoben durch die Freude der seelsorglichen Tätigkeit, die er in der Kirche, im Beichtstuhl und in der Schule entfaltete^*^). Das zweitürmige Gotteshaus, am 26. Juli 1875 grundgelegt und bis 1879 nach den Plänen des Archi tekten R. Jordan im neuromanischen Stil erbaut, ge hörte zum Sprengel der Vorstadtpfarre St. Florian (Wien V.) und wies bald einen glänzenden Gottes dienst- und Predigtbesuch aus. Und dies, weil damit einem Teil der um 45.000 Seelen zählenden Pfarrgemeinde eine Kirchenbesuchsmöglichkeit geboten war. Dazu kam, daß dieses neue erste Herz-Jesu-Heilig tum — das Hochaltarbild von Kastner stellt deshalb das „Herz Jesu der Glorie" dar — als Pflegestätte des von der Kirch© damals warm empfohlenen und an Beliebtheit zunehmenden Kultes des göttlichen Her zens viele anzog'®) und zu den wenigen Kirdien Wiens zählte, die den ganzen Tag über für den Besuch offenstand. Kein geringes Verdienst hatte der eifrige und in die breite öffentlidikeit wirkende Kirchenrek tor Stauracz, der darüber hinaus bald und mit der Zeit ständig auch in verschiedenen Kirchen der Stadt durch Predigten aushalf und in Versammlungen als Redner auftrat. So stellte er sidi aus steter Dankbar keit und lebendiger Verbundenheit seinem Jünglingsveiein (dem Stammverein) zur Verfügung und hielt ihm durch sein regelmäßiges Erscheinen die Treue'"*). Beteiligte sich aber auch höchst interessiert an ver wandten Vereinigungen, wie etwa am „Apostolat der christlichen Tochtei'"'®), das von Prälat Schöpfleuthner so erfolgreich geleitet wurde, oder am großen Waisenhilfsverein u. a. Das Hauptfeld seiner reichen Tätigkeit bildete aber die Schule. Nachdem er sich jahrelang als defini tiver Religionslehrer an Volks- und Bürgerschulen des Bezirkes abgemüht hatte, wuixie er zum Religions professor am n. ö. Landes-Lehrer-Seminar in Wien I., Schellingstraße, und an der Übungsschule (Knaben61

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