Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Beiträge zur Wiener Diözesangesdiidite BE ILApE DES WIENER DIÖZESANBLATTES Nr.l Wien, 1, Jänner 1962 3.Jahrgang Inhalt: 1. Zur Einbegleitung dieses 3. Jahrgangs. — 2. Eisenbahnerkurat Johann Sedlak (1851/55) und seine Kurate am Semmering, I. und II. I. Zur Einbegleitung des 3. Jahrgangs Zur Einbegleitung dieses 3. Jahrganges und zur Weckung des tätigen Interesses für die Diozesangeschichte sei in etwa auf kein geringeres Vorbild als auf den jungen Sekretär und Visitationsbegleiter sei nes Bischofs, Don Angelo Giuseppe Roncalli, gegen wärtig unser Hl. Vater, hingewiesen, von dem Leone Algisi in seiner prachtvollen Papstbiographie: Johan nes XXIII., München 1960, S. 42, erzählt: „Don Angelo nahm diese Visiten, diese zufälligen Kontakte zum Anlaß, um zugleich weiter in die Ge schichte und in die Tradition der Diözese einzudrin gen. An der Hand des Pfarrarchivs oder noch einfa cher, eines Bildes, das er in der Kirche oder in der Sakristei gefunden hatte, verfolgte er gerne die Spu ren jener reichen Vergangenheit, in der sich die Keime der Gegenwart finden ließen; er entdeckte seine Be rufung zum Historiker, die allerdings nicht die eines Analytikers oder Chronisten war, sondern die eines Bewunderers und Liebhabers, der jederzeit bereit war, sich an jedem der Goldhähnchen zu begeistern, aus denen der Faden der Kirchengeschichte gesponnen ist. Er wurde sich einer Wirklichkeit bewußt,die nicht nur aus der Gegenwart bestand, sondern Vergangen heit, Gegenwart und Zukunft miteinander vermählte und in ihm schon jetzt ein Gefühl der Beständigkeit hervorrief, das ihn schon jetzt von den für das Ju gendalter charakteristischen Ängsten befreite". 2, Eisenbahnerkurat Johann Sedlak (1851/55) und seine Kuratie am Semmering Dr. Franz Lo1d 1 I. Ein KurzartikeP) und die Sonderausstellung des österreichischen Staatsarchivs anläßlich des Wiener Katholikentages vom 8. bis 15. Juni 1958') waren der Anlaß, diesem Eisenbahn- oder Eisenbahnerkuraten bzw. Eisenbahnpater und wahrscheinlich ersten öster reichischen Industriekaplan') nachzuspüren. Nachdem Dr. Karl Ritter von Ghega mit seinem kühnen Großprojekt einer Uberschienung desSemmeringmassivs durch eine Lokomotivbahn durchgedrun gen war, wurde 1848 mit der Ausführung des Baupla nes an den zwei Endpunkten Gloggnitz und Mürzzuschlag begonnen. Zu den verschiedensten Problemen, die sich aus der Zusammenballung so vieler buntzu sammengewürfelter Arbeiter ergeben mußten, kam auch das der seelsorglichen Betreuung; und die wurde vor aUem dringlich, als während der größten Bau tätigkeit im Herbst 1850 die Cholera ausbrach und nach Aussagen von Augenzeugen besonders bei den Bauunternehmungen der Gebrüder Klein und der Ge brüder Fleisdimann und Blühdorn wütete.Dieletztge nannte Baufirma hatte das am Heidensteiner Grunde im Adlitzgraben gelegene Eileinhaus Nr. ? zum Spital verwendet und errichtete noch ein eigenes Spital in der Schlucht hinter dem Weberkogel; die Firma Ge brüder Klein hatte ihr Spital oberhalb des Jägerhau ses imfern von Schottwien und die Bauuntemehmung Tallachini auf der Anhöhe links vor dem Kalterinnen Viadukt. Das Spital hinter dem Weberkogel wurde von Maria Schutz, wohin einstweilen ein Kooperator gesetzt war, und die übrigen drei Spitäler wurden von Sdiottwien aus versehen. Endlich wurde bei einer Kommissionierung erkannt, daß auch das Weberkogel spital als Schottwiener Klammen Territorio von Schottwien aus zu versehen sei, was in der Folge auch geschah. Die betreffenden Geistlichen waren unge heuer angestrengt, denn es ereignete sich beinahetäg lich, daß einem, der vom Versehen zurückgekehrte, ein anderer, der zum Versehen ausging, begegnete, Dessenungeachtet geschah es aber doch häufig wegen der bedeutenden Entfernung, daß so mancher unversehen dahinstarb. Diese Schilderung des so großen Elends und zu gleich die Vorstellung, daß es äußerst wünschenswert sei, eine zeitweilige Seelsorgsstation im Mittelpunkt der meisten Arbeiter zu errichten, damit die Kranken schnell versehen werden, die Arbeiter ohne großen Zeitaufwand dem Gottesdienste beiwohnen und das Gotteswort wenigstens zeitweise in ihrer Sprache hö ren könnten, gelangte zur Kenntnis „Ihrer k. k.Hoch heit" der Kaisermutter Erzherzogin Sophie, die der armen Arbeiter sich annahm und die Errichtung einer Curatie veranlaßte*). Ghega, der schon 1850 zum Vorstand der neuen Generalbaudirektion ernannt worden war und die persönliche Leitung des Semmeringbaues fest in sei ner Hand behielt, wurde nun vom damaligen Han delsminister Carl Freiherrn von Bruck mit dieser Frage und Sorge befaßt und gab am 31. März 1851 folgenden umfassenden Bericht über die Situation:Er habe sich der Anordnung Sr. Exzellenz zufolge mit der Angelegenheit der Seelsorge für die Semmeringarbeiter befaßt und unterbreite nun gehorsamst seine Ansicht über diesen Gegenstand. „Bei der Betrachtung der Lokal Verhältniße, entlängs der in Arbeit begrif fenen ganzen Linie findet man auf der österr. Seite in Gloggnitz, Payerbach, Klamm, Schottwien und Maria 37

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