Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

„bringt viel Unsegen über jene zahlreiche Klasse derer, die sich im Schweiße des Angesichtes'ihr Brot ver dienen, schadet durch Uberanstrengung der Kräfte ihrer Gesundheit, macht sie unzufrieden imd unglück lich, verbittert ihr Dasein, schadet ihnen an Leib und Seele"33). 1884 berichtet er, überwältigt vom Glück seiner Audienz bei Leo XIII. am 26. Oktober 1883, „da er als schwachen Dank Wiens und Österreichs für die Erret tung aus der Türkennot i. J. 1683 unter Mithilfe Inno zenz XL die aus Anlaß des 200. Gedächtnistages ge sammelten Liebesgaben überreichen durfte". Leitet dann von dem auf den Papst selbst zurückwirkenden päpstlichen Segen auf die Vater-unser-Bitten mit be sonderer Betonung des Reiches Gottes, der Kirche, über, die den Gläubigen von der Taufe bis zur ewigen Heimat führt. Die Garantie für die Lösung dieser Auf gabe sei der Hort der Einheit und Einigkeit, das Papst tum, das die römischen Christenverfolgungen überstan den habe und sich nun in der einzigartigen Stadt Rom repräsentiere. Wiederum ruft er die Diözesanen zum Gottesdienstbesuch an Sonn- und Feiertagen auf^^). 1885 führt er aus, wie die Kirche in ihrem Alter tum und Mittelalter den Trinitäts- und Christusglauben verkündete und verteidigte und Theologie und Philo sophie dabei zusammenwirkten, während seit dem Kirchenabfall am Beginn der Neuzeit eine oberfläch liche Scheinwissenschaft durch ungläubige, mit mehr oder weniger Geist geschriebenen Tagesblättern Reli gion und Christentum immer mehr unterhöhlt und zum Aufgehen im Diesseits verführt. Dem mit vereinten Kräften entgegenzuwirken, damit das Reich Gottes sich durchsetze, ist Christenpflicht. Und zwar soll da mit schon bei der Erziehung und Ausbildung der Kin der begonnen werden. Den armen Eltern treten hiebei helfend an die Seite Krippen- und Kleinkinderbewahranstalten, dann trefflich geleitete klösterliche Institute, und an den Waisen übernehme diese Aufgabe der vom Wohltätigkeitssinn der Wiener so kräftig unterstützte katholische Waisen-Hilfsverein, der neuerdings beson ders empfohlen sei^^). Das Fasten-Hirtenschreiben des Jahres 1886 richten der Metropolit und seine beiden Suffragane gemeinsam an die Gläubigen der ganzen Kirchenprovinz, worin sie das von Leo XIII. lt. Rundschreiben v. 22. Dezember 1885 angeordnete außerordentliche Jubiläum^") erläu tern. Das Hauptanliegen ist: daß die vielfach entchristlichte Gesellschaft wieder vom Geist des Chri stentums durchdrungen und geleitet werden möchte, wozu die in katholischen Vereinen zur gemeinsamen Tätigkeit geeinten Katholiken beitragen; durch echt christlichen Tugendwandel, Bekenntnis des Glaubens durch Wort und Tat, Verteidigung der katholischen Lehren und Grundsätze, deren Einführung in die Fa milien und Geltendmachung im öffentlichen Leben, vor allem mit Hilfe der katholischen Vereine, wodurch dem Wohl des einzelnen wie der Gesamtheit am be sten geholfen werde. Zur vollen Erreichung des Jubi läumszweckes dienen Buße und Gebetseifer®''). 1887 feierte er aus Anlaß des 50jährigen Priester jubiläums Leos XIII, dessen hervorragende Persönlich keit und staunenswerte Leistungen in schwierigster Zeitlage, wobei er seine kindliche Papst- und Romtreue zum Ausdruck bringt, und ruft die Gläubigen zur Mitfeier auf durch Beitrag zur Liebesgabe in Form eines Meßstipendiums, Mittelbeschaffung für die vati kanische Ausstellung, Teilnahme an der Pilgerfahrt nach Rom und an der Deputation an den Hl. Vater, dem nebst anderem ein Huldigungs-Album aller katho lischen Vereine Österreichs überreicht wird^®). 1888 berichtet er wiederum von der ihn tief beein druckenden Pilgerfahrt zum jubilierenden Papst Leo XIII. und wie er bei der Jubelmesse seiner gelieb ten Diözesanen im Gebet gedacht habe. „Ist ja das geistige und leibliche Wohl, das zeitliche und ewige Heil des Bischofs und seiner Diözesanen nicht zu tren nen. Beide stammen aus der selben Quelle, aus dem lebendigen, das ganze Leben in Gesinnung, Wort und Tat bestimmenden und ordnenden Glauben an den dreieinigen Gott, den Schöpfer, Erlöser, Heiliger und künftigen Vollender der Welt und der Menschheit im großen Ganzen und in ihren einzelnen Individuen, wie er durch Christus und seine Offenbarung sich den Menschen kundgegeben hat und durch die Kirche unter dem Beistand des Hl. Geistes allen Völkern ver kündet wird. Der Bischof und die ihm anvertrauten Gläubigen sind vor Gott eine geistliche Familie. Der Bischof ist der von Gott bestellte, von ihm bevoll mächtigte geistliche Vater, Lehrer, Priester, Hirte, der ihm anvertrauten Gläubigen, seinen geistlichen Söh nen, die seine belehrende, ermahnende Stimme hören, ihr folgen, auf dem Weg des Lebens in die Seligkeit des Himmels sich führen lassen. Beide aber sind — wie bei der Jubelfeier in Rom überwältigend vor Augen trat — in ihrer Einheit und unzertrennlichen Verbin dung wieder ein kleiner Teil der einen, heiligen, katho lischen und apostolischen Kirche, die über die ganze Welt verbreitet am Hl. Vater in Rom wie ihr gott gesetztes Oberhaupt, so den Träger und Vermittler ihrer Einheit und Einigkeit, den unerschütterlichen Fels ihrer Unzerstörbarkeit, ihrer unverwüstlichen Dauer bis an der Zeiten Ende verehrt und liebt, an ihm mit unentreißbarem, göttlichen Glauben festhält..." Und der Kirche anzugehören, ist das unbeschreiblich hohe Glück! Darum sollen die Gläubigen eifrig „das Wort des Lebens und der Wahrheit" an den Sonn- und Feiertagen hören und es befolgen, die Sonn- und Feier tagsruhe und das Fastengebot halten, die hl. Sakra mente empfangen. „Laßt es aber", mahnt er mit väter lichem Herzen, „nicht beim einmaligen pflichtgemäßen Empfang der hl. Sakramente (zu Ostern) bewenden, sondern empfangt sie öfter, so oft, als ihr hl. Verlan gen darnach fühlt; so oft als die Sorge für das Heil eurer unsterblichen Seelen euch den Empfang als rät lich und notwendig erscheinen läßt!-''^)" Ausgehend vom blutigen Versöhnungstod Jesu am Kreuz und dessen Gnadenfrüchten, die von der Kirche der Menschheit wie den einzelnen zugewendet werden, erinnert er 1889 in einem historischen Überblick an das sittliche, soziale und religiöse Elend vor und ohne Christus. Wie aber das Christentum die Sklaverei überwunden hat, so wird auch vor ihm „die entwür digende Behandlung wieder schwinden, die gegenwär tig die Arbeiter selbst in christlichen Ländern nicht selten dort erfahren, wo ein Geschlecht, ganz ins Irdi sche versunken, vom Jenseits und seinen ewigen Gütern absieht, ohne Verständnis für das eine Not wendige nur irdische Güter anhäuft und in deren 28

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