Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

gesprochene Wunsch, Gott gebe, daß sich die ob der Verlegung in eine gesunde Gegend gehegten Hoffnun gen verwirklichen und die Zöglinge auch an der neuen Lehranstalt das Lob verdienen, das ihnen von der Direktion des Josefstädter Gymnasiums beim Scheiden gespendet wiirde^"), machte sich deutlich in der steten Aufwärtsentwicklung des neuen Knabenseminars^'). Der Jahresdurchschnitt der Zöglingszahl betrug am Jahresbeginn an die 175 und am Ende des Schuljahres um 165; davon traten jährlich etwa 8 Maturanten im Wiener Alumnat am Stephansplatz Nr. 3 ein^®). All mählich hob sich auch die Zahl der Weihekandidaten'^®). Noch zweimal stattete Gangibauer dem Knaben seminar einen Besuch ab^). Ließ schon der Begrüßungshirtenbrief Sorge und Verantwortung um seinen Diözesanklerus erkennen, so wurde dies noch deutlicher in seinen Bemühungen,ihn für die alljährlich anfangs September im Wiener Alumnat ausgeschriebenen Priesterexerzitien zu er wärmen. Dabei begnügte er sich nicht mit der bloßen Einlädung, sondern rief eindringlich zur Teilnahme auf, gelte es doch, sich im Priesterberuf zu erneuern'^^), seien ja viele Feinde in den Weinberg des Herrn ein gedrungen und müßten religiöse Gleichgültigkeit, Un glaube, Weltsinn, irdische Genußsucht durch die Die ner Christi zurückgedämmt werden^^j nahm sich sogar Zeit, am Schluß solcher Exerzitien eingehend an Würde und Aufgabe des Prieslertums zu erinnern^^). Auf derselben Linie, nämlich Hebung des priesterlichen Geistes, lag wohl auch die gleich nach seiner Amts übernahme erlassene Einschärfung der Priesterkleidung^'^), u. a. Doch übersah der Fürsterzbischof bei seinem Blick fürs praktische Leben nicht, daß, „stehen die geistigen Interessen ihrer Natur nach zwar höher als die leib lichen, so diese doch auch ihre Berechtigung haben", und versprach daher klar seine bereitwillige Unter stützung und Förderung auch in diesem Belange. Denn: „Ist ja nach Gottes Wort der Arbeiter seines Lohnes wert und, wer Geistiges sät, hat nach dem Apostel auf Leibliches,d.i.aufstandesgemäßen Unterhalt,gerechten Anspruch"^). Dem die Tat folgen zu lassen, bot sich Gelegenheit, als das Dotations-(Congrua-)Gesetz mit seinen provisorischen Bestimmungen eben über die Dotation der katholischen Seelsorgsgeistlichkeit am 19. April 1885 erlassen wurde'^®). Wie die Bischöfe Österreichs schon in der Generaldebatte des Herren hauses vorher dazu Stellung genommen und auf die schreiende Notlage eines großen Teiles des Klerus hin gewiesen und auf Abhilfe gedrungen hatten, so führ ten sie auch nach Erlassung des Gesetzes die Verhand lungen zur Klärung des Einkommens und vor allem zur Abwendung von ungerechtfertigten Härten, wobei unser Fürsterzbischof an der Spitze des österreichi schen Episkopates fungierte und zeichnete^"^). Gleich im Frühjahr 1882 begann der Fürsterz bischof in seiner oberhirtlichen Pflicht mit den kano nischen Visitationen und den damit verbundenen Fir mungen, um die einzelnen Pfarren und deren Vor steher „zu besuchen, sie persönlich zu begrüßen und ihnen seinen bischöflichen Dank auszusprechen", wie er im Hirtenschreiben an den Klerus angekündigt hatte'^®). Durchwegs vermerken die Pfarrgedenkbücher, wie sein schlichtes, leutseliges und grundgütiges We sen überall ansprach und ihm Sympathien erweckte. Und dies auch beim Seelsorgsklerus, dem er ja einge standen und erklärt hatte: „Welch immer die Stellung sein mag, auf die Gottes Wille in unserem heiligen, himmlischen Beruf uns gewiesen hat, ob hoch oder niedrig, in ihrer Wirksamkeit auf weitere Kreise sich erstreckend oder in bescheidenerem Rahmen sich be tätigend; es ist ein und derselbe Dienst, dem wir als Gesalbte des Herrn, als Priester Christi uns gewid met®®)." So visitierte er folgende Pfarreien®®): 1882: Staatz, Gaubitsch, Laa a. d. Th., Falkenstein, Poysdorf, Böhmischkrut (heute Großkrut), Wüfersdorf, Schrat tenberg, Stronsdorf, Feldsberg (heute CSSR),Kirchberg a. Wagram, Großweikersdorf, Ravelsbach, Maissau, Hadersdorf a. Kamp, Kirchberg a. Wechsel, Gloggnitz, Aspang, Krumbach, Bromberg, Fitten, Bruck a. d. L., Hainburg, Marchegg, Markgrafneusiedl; 1883; Wiener Neustadt, Neunkirchen, Straning, Röschitz, Pulkäu, Retz, Haugsdorf, Seefeld, Berndorf, Pottenstein; 1884: Pillichsdorf, Gaunersdorf (heute Gaweinstal), Zistersdorf, Dürnkrut, Weikendorf; 1885: Korneuburg, Stokkerau, Hausleiten, Göllersdorf, Schöngrabern, Wullersdorf, Piesting, Gutenstein, Schwarzau i. G., Payerbach; 1886: Himberg, Moosbrunn, Mannersdorf a. L., Unter waltersdorf, Pottendorf; 1887: Mistelbach, Ernstbrunn, Eggendorf i. T., Oberhollabrunn (heute Hollabrunn). Sitzendorf; 1888: Drösing, Rabensburg, Unterthemenau (CSSR), Hochwolkersdorf, Hollenthon, Kirchschlag, Hochneukirchen, Edlitz (diese mußten aber alle in dem Jahr abgesagt werden); aber 1889 konnten die Visita tionen in Drösing, Rabensburg, Unterthemenau, Kirch schlag, Edlitz nachgeholt und die in Wiesmath hinzu genommen werden. Pflichtgemäß nahm er als pastor animarum in den alljährlichen Fastenhirtenschreiben die Gelegenheit wahr, seinen ihm anvertrauten Diözesanen Glaubens und Sittenlehren zu verkünden, die nach der Art ihres Verfassers wohl etwas nüchtern wirken, aber von des sen Gewissenhaftigkeit und theologischer Bildung zeu gen. Ausgehend von der Katastrophe des Ringtheater brandes am 8. Dezmber 1881®^), da „die schreckliche Flammenglut Hunderte lebensfroher Mitmenschen plötzlich dem schrecklichen Tod überliefert und deren von Schmerz zermalmten, in Jammer ai^fgelösten Lie ben kaum erkenntliche Leichen und verkohlte Leichen teile hinterlassen hat", erinnert er 1882 daran, daß der Mensch seinem sterblichen Leib nach von Staub und Asche, seiner Seele nach als von Gott und für Gott erschaffenes göttliches Ebenbild jedoch unsterblich ist und daher seiner ewiger Lohn oder ewige Strafe war tet, und stellt den in der Wüste versuchten Heiland (Evangelium vom I. Fastensonntag) als Vorbild für die ungeteilte Hingabe an den himmlischen Vater, die Lösung der Berufs- und Standesaufgaben und die werktätige Liebe hin. Ruft dann zu Spenden für die Errichtung des an der Unglücksstelle geplanten Stif tungshauses und der Sühnekapelle darin auf®®). 1883 legt er die Geschichte der Sabbat-, Sonn- und Feiertagsheiligung dar, erklärt das 1. und 2. Kirchen gebot unter Betonung der zweifachen Verpflichtung: Enthaltung von knechtlichen Arbeiten und Meßbesuch, und appelliert dann an die Gläubigen, sich nie durch Haschen nach irdischem Gut zur Sonn- und Feiertags entheiligung verleiten zu lassen, denn diese Sünde 27

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