Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

gebräuchliche Rottennamen und Familiennamen®^), und noch anderes mehr. 1911/12 konnte er mit Unterstützung auch durch Wiener Sommerfrischler die Kirche renovieren und gründlich ausstatten®®) und dieses äußere Werk durch das innere einer ihn befriedigenden Volksmission durch drei Jesuitenpatres abschließen®®), was doch von Unternehmungsgeist und einem gewissen Organisa tionsvermögen spricht. Von guter Menschenbeobach tung zeugen auch die Aufzeichnungen über „die Gründe des Niederbruchs einstiger Bauerngrößen®ü, über die anfängliche Kriegsbegeisterung und die je doch folgenden Gefallenenberichte, wie überhaupt die Schilderung der Verhältnisse während des Ersten Weltkrieges 1914/18 und dessen Auswirkungen in der Nachkriegszeit in seiner Pfarre®®). Noch berichtet Hrodegh, wie er 1921/22 von Haus zu Haus lief, um für das Kriegerdenkmal Holz und Geld zu sammeln, „damit die armen Gefallenen einen kleinen Ersatz für ihren Opfertod hätten"®®), dann, daß sich 1923 „der moralische, religiöse Wert der Pfarre wieder hebe, zeigt sich aber dann immer ver drossener, enttäuschter und direkt von Wahnvorstel lungen verfolgt, weshalb er sich später sogar fast ver zweifelnd an seine Freunde, Dechanten Minichthaler und Univ.-Prof. Menghin, wandte, und bricht mit die sem Jahr seine Gedenkbuchaufzeichmmgen jäh ab. Sie fanden ihre wahrhaft Trauer erweckende Fort setzung durch den ihm nachfolgenden Provisor, der ihn persönlich kannte und schätzte und ihn als edlen, vornehmen Charakter mit großen Idealen und war mem Herzen für Mensch und Tier und Berg und Wald schildert, der aber bei seinem tiefen, nur zu weichen (fast Kinder-)Gemüt dem harten Umgang mit der Umwelt, dem Berufskampf in der Enge des Dorfes zu wenig gewachsen war^®). Längst nervenleidend, seine physischen und geistigen Kräfte überspannend und ob einer übergehung bei einem Pfarrbewerb ent täuscht, traf ihn dazu eine schwere Kopfgrippe (wäh rend der er zweimal zu einem Versehgang aus dem Hause mußte) im Frühjahr 1926, so daß der Arzt ihm einen Krankenurlaub bei seiner alten Mutter in Gars am Kamp riet, der jedoch nicht zur Gesundung, son dern zum wahrhaft tragischen Tod führte. In einem unbewachten Augenblick endete der vom Verfolgungs wahn Gequälte und wie die Art der bedauernswerten Tat erweist in momentaner Unzurechnungsfähigkeit und Wahnsinnsumnachtung am 18. Juni 1926 sein arbeitsreiches Leben^^). Das Begräbnis fand am 21. d. M, statt. Der spätere Weihbischof und Generalvikar Prälat Dr. Kamprath nahm unter der Assistenz von 29 Priestern die Einsegung vor. Der Präfekt des Jahr gangs^®), Pfarrer Mathias Heumann von Hütteldorf, widmete dem abgeschiedenen Mitbruder in der Kirche einen warmen Nachruf^®). Die älteren Leute von Schiltem erzählen sich noch manche Anektote von ihrem Landsmann Dr. Hrodegh'^), der auch ein be geisterter Jäger war. Nun, nicht seine Menschlichkeit und Pfarrertätig keit sind es, die ihn so bekannt machten und ihm schon zu Lebzeiten Anerkennung und dann ehrende Nachrufe eintrugen, sondern seine hervorragenden Leistungen und Verdienste als einer der Begründer der modernen. Urgeschichtsforschung in Niederöster reich. Hrodegh gehörte zu jenen Prähistorikem, die sich ein räumlich kleineres Arbeitsfeld abgrenzten, in diesem aber mit Gründlichkeit tätig waren^®). Er wählte und beschäftigte sich mit Gebieten und Land schaften, die ihm leicht zugänglich waren, und zwar von seiner Abstammung her mit dem Waldviertel, näherhin mit dem Kamptal und dem Manhartsbsrg, und von seiner Pfarre her — „von seinem weltabge schiedenen Manresa aus"^®) — mit dem Schwarzatal und dem Neunkirchner Bezirk. Benützte jeden freien Tag, um Äcker, Wiesen, Wälder und Hügel abzustrei fen und Beobachtimgen zu sammeln, wobei ihm sein geschulter Blich, sein Jägerauge für die geologische Bedingtheit vorgeschichtlicher Siedlungen sehr zu statten kam'*'). Ihm verdankt die Prähistorie denn auch die Kenntnis von zahlreichen Fundplätzen verschiede ner Altersstufen, vor allem im Waldviertel^®). Helfen der und fördernder Begleiter war ihm dabei sein Onkel mütterlicherseits, Schulinspektor August Stift*®). Hrodegh bemühte sich auch um Grabungssubventio nen, die er in der Tat gewährt erhielt®®); wandte sich auch an die Landsleute, wie z. B, an die Kamptal bewohner, denen er „mit Wärme die Heimatliebe zu ihrem so ehrwürdigen, von ungezählten Generationen bewohnt gewesenen Boden ans Herz legte und sie innig bat, an der weiteren Erforschung desselben durch Bekanntmachung aller Funde an den Verfasser, an die Museumsvorstände von Langenlois, die eben daran waren, ein umfassendes Kamptalmuseum zu schaffen, mitzuhelfen, und appellierte auch an die Intelligenz von Gars um ihr Mit'wirken". Eindringlich schärfte er dabei ein, „niemand möge eigenmächtig, ohne Fach mann, an die Untersuchung von derlei Fundstätten schreiten, da er dabei als Laie mehr schade als nütze"®'). Wie vorsichtig und genau er selbst dabei zu Werke ging, zeigt, daß er zur Beobachtung der Objekte auch das Studium der literarischen Quellen, etwa der Pfarrbücher, gesellte®®). Seine Erfolge fußen in erster Linie auf kulturgeographischen Überlegungen. Früh schon schloß er sich der hiefür zuständigen und ihn dann stets fördernden „Wiener prähistorischen Gesellschaft" als Mitglied an®®) und arbeitete mit der k. k. Zentralkommission für Denkmalpflege (bzw. des Bundesdenkmalamtes) zusammen, die ihn ehrend als Konservator bestätigte. Am 21. Juli 1917 promovierte er sogar an der philosophischen Fakultät der Wiener Universität cum laudae in urgeschichtlicher Archäolo gie zum Doktor der Philosophie®*). Und nun folgten der Reihe nach seine hauptsäch lich •wissenschaftlich bedeutsamen Publikationen vor nehmlich in der angesehenen Zeltschrift der „Wiener prähistorischen Gesellschaft", aber auch in anderen Publikationsorganen, vrie imten die Zusammenstellung zeigt. Beweist schon die Aufnahme dieser literari schen, in der Regel mit ausgezeichneten Plänen und Skizzen unterbauten Arbeiten, die jedesmal unter den kritischen Augen von Fachleuten bestehen mußten®®), in diese Fachzeitschrift Hrodeghs Ansehen in diesen Fachkreisen, so bezeugen dies ebenso Besprechimgen (Rezensionen) seiner selbständigen Publikationen®®) imd erst dann recht Äußerungen anläßlich seines so tragischen Ahscheidens am 18. Juni 1926 in Gars am Kamp®'): Sein Tod habe eine empfindliche Lücke in der Reihe der österreichischen Vorgeschichtsforscher 11

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