Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

„Dennoch", bekennt Hrodegh, „bin ich gerne hier; die Leute, idi raeine die eingeborenen und von alters hier stammenden, sind gut und bieder, eine wahre Wohltat auf die zomwütigen Sozialdemokraten des 10. B^rkes in Wien hin, denen jeder im schwarzen Tuch ein wahres Greuel ist"®). So geschrieben im ersten Jahr seiner Wirksamkeit; und vier Jahre später? Im Herbst 1908 hätten ihm „von Falsdoheit und Undank strotzende Verfolgungen" fast allen Idealismus und das Vertrauen zur Menschheit aus dem Herzen gerissen. Seit vier Jahren habe er in seinen Pfarrkindem einen wunderschönen Garten voll herrlicher Blumen und Blüten gepflanzt, der sei ihm aber nun von einigen „zerstampft" worden. „Ich ward schwer leidend in mei nen Nerven", klagt er. „Den ganzen Winter litt ich an furchtbaren Schmerzen, an Schlaflosigkeit, einer star ken Gemütsdepression und totaler Arbeitsunfähigkeit. Meine Freude war dahin, meine Gesundheit mit ihr und ich mußte in Görz und Südtirol meine armen kranken Nerven wieder der Genesung zuführen, was mir nur zum Teil gelang". Und die Ursache: Differen zen mit einem schon unter seinem Vorgänger seit drei Jahrzehnten im Ort bestimmenden freisinnigen Lehrer „von reinstem Wasser" und dessen ganz wenigen An hängern®). Nicht um sich zu rühmen, sondern zu zeigen, daß er stets zum Wohl seiner Pfarre getan, was in seinen Kräften gestanden, und er keineswegs die Hände müßig in den Schoß gelegt habe, veranlaßte ihn nun zur Zusammenstellung „einiger Punkte aus seiner Seelsorgsarbeit": So konnte er bereits im Sommer 1905 ein Schutz haus für die Schulkinder feierlich einweihen, das unter vielen Schwierigkeiten tmd Opfern vor allem des da maligen Oberlehrers und anderer Persönlichkeiten erbaut worden. Waren auch ältere Leute und Bauern dagegen, weil sie zu ihrer Schulzeit nichts dergleichen hatten, so wurde es bald von Wiener Kindern besie delt. Vom Ortsschulrat verwaltet, hatte der Pfarrer neben seinem Recht als Ortsschulratmitglied auch die Überwachung und Anorcinung „geistlicher Übungen" wie des Gebetes, Meßbesuches usw. über. Aus dem Reingewinn konnten dann 29 Ortskinder schöne Win tertage darin verbringen^®). Um den Abfall von Katholiken im neun Kilometer entfernten protestantischen Naßwald hintanzuhalten, konnte er trotz Quertreibereien 1907 die Hubertus kapelle einweihen und hier eine monatliche Messe für die etwa 50 Katholiken zelebrieren, auch Trauungen und Kinderbeichten abhalten. Er bezeichnete dieses Kapellchen als seine Freude und seinen Stolz, weil er es mit schwerer Mühe durchgesetzt hatte^^). In der Pfarrkirche trachtete ex, den Gott^dienst so feierlich wie möglich zu gestalten, und dies hier aus der doppelten Pflicht des Pfarrers, „um den Kon trast mit dem kalten Protestantismus recht augen scheinlich zu zeigen". Und dies durch überreichen Blumenschmuch und erhöhten Lichterglanz an den Festtagen, durch Ausgestaltung der Maiandacht, Schaf fung der steten Beichtgelegenheit, würdige und tröst liche Gestaltung der Leichenbegängnisse und Ver schönerung des Friedhofes und des Klrchenplatzes"^). Auch für Paramente und anderes und deren Aufbe wahrung wurde Vorsorge getroffen^^). Ging eine Regelung mit dem Mesner gut vor sich, dem er gleich nach seinem Pfarrantritt auf dem Pfarr grund gegenüber der Kirche unter bestimmten Bedin gungen ein Häuschen zu bauen gestattete und ein Grundstück zu Haltung einer Kuh verpachtete^^), so mußte er wegen der Regenschori-Einsetzung mit der Gemeinde im Jahre 1908 einen ihn sehr aufregenden Strauß ausfechten. Da sich der scheidende und der neueintretende Regenschori (Oberlehrer) auf Grund eines vmgeklärten Rechtszustandes nur der Gemeinde gegenüber verpflichtet fühlten, die ihnen freilich je 160 Kronen und das Holz bezahlte, mußte der Pfarrer bei seiner richtigen Auffassung, „daß sein obrigkeit liches Ansehen nicht nur bis zur Chorbrüstung, son dern über die ganze Kirche reiche", sich bei aller sei ner Friedensliebe und trotz „vieler Hetzerei" von der Gemeinde das alleinige Anstellungs- und Entlassungs recht erwirken. Es wurde ihm schließlich in öffent licher Gemeindesitzung unter gewissen Bedingungen zugestanden^®). Daß er auch den von seinem Vorgänger „unter schwierigen Umständen" für Schwarzau groß gebauten Pfarrhof und den zugehörigen Hof „meist auf seine Kosten" erneuern ließ, als begeisterter Naturfreund den Pfarrgarten mit Obst- und Zierbäumen, Nutz- und Blumensträuchern bepflanzte^®) und auch trachtete, das Pfarreinkommen zu erhöhen, indem er die Pacht verhältnisse ordnete^Üj sei nur nebenbei noch erwähnt. Liest man nun das 311 Seiten^®) umfassende, von seiner und zum Teil auch von anderer Hand^®), säu berlich geschriebene Gedenkbuch der Pfarre Schwarz au im Gebirge, so erkennt man daraus sofort einen an seiner Pfarre selten und in jeder Hinsicht höchst interessierten Vorsteher, wie die nun folgende Inhalts übersicht aufzeigen soll: Da drückt er — sich entschuldigend, daß er nicht chronologisch vorgehe, sondern alles bringe, wie es ihm unter die Hände kam — gleich auch sein Bedauern dar über aus, daß von den ursprünglich 86 Bauernhäusern so viele verkauft und in die Hände des Großgrund besitzes gelangt sind, und führt mit Stand vom Jahre 1906. in genauester Liste'die alten Bauernhäuser mit Hausnamen und Besitzern an^); bringt einige historischen Notizen über die ältesten nachweisbaren Pfarrer®^), über die Urkirche in Schwarzau^*), über die Pfarrer, die hier starben und im alten Friedhof um die Kirche begraben liegen'^®); weiters über die PfarrEinkünfte einst und jetzt^), über die in völliges Dun kel gehüllte Lokalgeschichte von Schwarzau, da ihn sein Interesse an der geschichtlichen Vergangenheit äußerst wichtige Daten finden ließ^®). Ferner bietet er Material zur Frage über die Länderzugehörigkeit die ses Gebietes'^®), behandelt die ältesten Lokalbezeich nungen hiesiger Gegend®'^), legt einiges über die wil den Tiere vor, die sich noch am Beginn des 19. Jahr hunderts ziemlich häufig hier aufhielten®®), über einige Sagen aus Schwarzau®®), über die sogenannten Öden®®), über die „Reformation und Gegenreformation" in diesem einst salzburgischen Diözesananteil, ja im Viertel unter dem Wienerwald®^) und dann über die Vorgeschichte der evangelischen Holzknechte im zum Pfarrsprengel gehörigen Naßwald®®), über die Türken einfälle anno 1529 und besonders 1529^'®), über einige 10

RkJQdWJsaXNoZXIy NzM2NTQ=