Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

„denn seine akademische Schulung, seine wissenschaft liche Vorbildung, seine speziellen Fachkenntnisse ge ben ihm hiezu die Befähigung und vermitteln ihm ein leichtes und sicheres Verständnis aller historischen Erscheinungen, in denen sich das Leben und der Geist der kath. Kirche kundgibt. Als Seelsorger steht er ja mit dem Volke in ununterbrochenem innigem Verkehr, hat dessen höchste und idealste Interessen zu fördern, an dessen geistiger Erziehung mitzuwirken, kennt des sen Bedürfnisse imd Anliegen, dessen Licht- und Schat tenseiten. Hiezu kommt noch die genaue Lokalkenntnis, die Bekanntschaft mit den Sitten und Gebräuchen, die in seiner Gemeinde bestanden haben oder noch be stehen, die Kenntnis alter volkstümlicher Ausdrücke und Namen. ...Der Ortsgeistliche kennt sodann die alten Denkmäler in- und außerhalb der Kirche, er ist im Besitze eines Pfarrarchivs, dessen Urkunden wohl in den meisten Fällen ein Licht auf die Geschichte der Kirche und der Pfarre werfen; er hat Zutritt zu den Matriken, welche gleichfalls bisweilen wichtige Notizen enthalten: er hat vielleicht auch ein Pfarrgedenkbuch in Verwahrung, das ihm als gute und willkommene Quelle beim Studium der kirchl. Lokalgeschichte dienen kann; ihm steht auch die Benützung des Genreindearchives offen, das gleichfalls vielleicht sehr wertvolle Dokumente birgt; auch ist er meistens noch am leich testen in der Lage, sich die Kenntnis von Urkunden zu verschaffen, die sich etwa im Besitze von Privatper sonen befinden mögen".3T) Nun „spezialisierte"er die „ebenso reichhaltige wie interessante und dankbare" Aufgabe hinsichtlich der Lokalgeschichtspflege dahin: 1. Ordnung des Archivs und Anfertigung eines guten Registers, dazu Kopierung bereits beschädigter oder schwer leserlicher älterer Urkunden; 2. Anlegung eines Verzeichnisses der Pfar rer, Kooperatoren u. Benefiziaten mit den erreichbaren biographischen Daten; 3. Zusammenstellung aller No tizen über kirchl. Bauwerke, Benefizien, Stiftungen, Denkmäler, Gnadenibilder udgl.; 4. Anlegung von Ge denkbüchern, bzw. deren Fortführung und Ergänzung. Dabei erinnerte er an f. e. Verordnungen und Instruk tionen aus den Jahren 182&, 1831, 1832, wo bereits genau über das bis heute aktuell gebliebene Was und Wie solcher Pfarr-Gedenkbücher oder -Protokolle un terrichtet wurde (sh. WDbl. 1886, S. 148, 149). Kopallik schwebte eine auf lange Sicht geplante und großangelegte Regesten-Ausgabe und -Sammlung vor, wie sie bereits verschiedene historische Institutio nen in Angriff nahmen und durchführten. Er hatte schon manche literarisch angeregt-"'«) und ließ eben im WDbl. die Regesten zur Geschichte des k. k. GeneralSeminars in Wien erscheinen««). Tatsächlich meldete sich eine Anzahl von geistlichen Mitarbeitern, „durch deren opferwilliges Zusammen,wirken"40) ein beacht licher Teil seiner Pläne realisiert werden konnte. Von dem auf fünf Bde. berechneten Werk: Rege sten zur Geschichte der Erzdiözese Wien, kam schon 1890 als I. Bd.«) der mit den Regesten zur Geschichte der aufgehobenen Klöster Wiens heraus. Kopallik wid mete ihn seinem einstigen „hochgeschätzten" Lehrer (in Pastoral) und eben am 6. Juli inthronisierten Erzbischof Dr. Anton Joseph Gruscha „als Zeichen seiner Ergebenheit und zum Ausdruck wärmsten Dankes für die wohlwollende Förderung dieses Werkes." Die etwa 3700 hierin registrierten Urkunden und Aktenstücke waren bereits im WDbl. Jg. 1887—90 veröffentlicht worden und betreffen 23 nicht mehr bestehende Klöster u. Orden in Wien-i^). Kopalliks einziger Beitrag hiezu behandelt die Oratorianer in Wien^«). 1894 folgte als n.Bd.«) der mit den Regesten zur Geschichte der Bischöfe und Erzblschöfe Wiens von 1493 bis ISSl-^^). Kopallik legt darin seine bereits 1887 im WDbl. erschienenen Beiträge über Joh. Vit§z, B. v. Pollheim, G. v. Slatkonia, Joh. v. Revellis und Joh. Fabri vor.'*®) Wurde auch nun noch Im selben Jahr mit der Herausgabe der Regesten zur Geschichte der Pfarreien im WDbl. Jg. 1894 u. d. folgenden Jg. begonnen, die den ni. Bd. füllen sollten, so blieb diese Arbeit leider infolge des tragischen Ablebens des Redaktors ein Torso"). Die beiden letzten Bde. blieben überhaupt nur Wunschträume; der IV.: Regesten zur Geschichte des Bistums und der kirchlichen Administration der Erz diözese Wien''«), und der V.: Regesten zur Geschichte der noch bestehenden Klöster Wiens sowie der außer halb Wiens liegenden Klöster der Erzdiözese-'«). Gelang demnach zwar nicht die Vollendung des groß-geplanten Werkes, so wurde gewiß durch die beiden ersten Bde. eine verdienstliche und wertvolle Vorarbeit für die Geschichte der Wiener Erzdiözese geleistet, wie schon Dopsch^«) und nach ihm Benützer der Regesten feststellen mußten. Bedauerte aber be reits Kopallik selbst, daß es ihm aus mehrfachen Grün den nicht möglich war, schon jetzt neben dem f. e. KonsLstorialarchlv auch noch andere zuständige Archivo zu benützen«!), wodurch die Publikation ungemein an Wert gewonnen hätte (Dopsch), und mußten er und seine Helfer sich wegen des oft spärlichen, lückenhaften und auf Kopien beschränkten Materials „mit Notizen und Erläuterungen" zu den jeweiligen Regesten-Abschnitten helfen^a), so bleibt weiters trotz den vielen beachtenswerten, aufhellenden und nützlichen Beiträgen (auch über die engere Wr. Diözesangeschlchte hinaus) u. a. mit Dopsch"«) vom strengwissenschaftlichen Maß stab her zu bemängeln, daß der Herausgeber auf Mit arbeiter angewiesen war, die weder eine spezielle Schulung für diese Arbeit mitbrachten, noch als prak tische Seelsorger hiefür viel Zeit widmen konnten; daß, wie für die älteren Urkunden (sh. I. Ed.) präzisere Fassungen vermißt, so beim Abdruck neuerer Quellen (sh. n. Bd.) die allgemein eingebürgerten Editions grundsätze nicht angewandt wurden; auch daß in der Regel die Orthographie der Kopien beibehalten wurde. Darauf, daß mittlerweile im selben Archiv Urkunden zutage kamen, die z. B. neues Licht in die Bischofs-, bzw. Administratoren-Abfolge des Wr. Kirchensprengels brachten«^'), sei hier nicht mehr eingegangen, sondern der späteren unausbleiblichen Darstellung dieser Frage vorbehalten. Ergänzend sei noch erwähnt, daß Kopallik 1897 d'öiu Prof. f. NT an der Wr. Universität und „um die hlstor. Erforschung der kathol.-theol. Literatur u. der Philosophie des MAs. und deren Neubelebung und konkordlstischer Verbindung mit der neueren PhUosophie bemühten" Karl Werner (f 1888 zu Wien) eine bio graphische Skizze widmete^ß), und 1894 aus Anlaß der Restaurierung der Klosterkirche zum hl. Hieronymus in Wien eine Geschichte des Franziskaner-Konvents 12

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