Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

VII, Kaiserstraße 25, wo er sich überdies noch um den Religionsunterricht der Internistinnen annahm. Wie in Olmütz, so war auch von jetzt ab sein er stes Augenmerk auf gediegene Vorlesungen gerichtet, „da zunächst und zu allererst die Kleriker zu wohl unterrichteten, begeisterten katholischen Geistlichen zu erziehen waren". Den Grund mußte hiebet die allge meine Kg. bilden, „die Betrachtung, wie der Geist Got tes waltet über seiner Gründung, wie die Kirche wuchs und wächst als mystischer Leib Christi, wie sie hehr und segnend und zu Gott führend wandelt über den Erdkreis, wie sie, vom Feind nicht überwunden, immer wieder, es seien die Zeiten noch so trüb, in neuem Glänze strahlend, hervorging und hervorgeht; denn diese Betrachtung wirkt, auch ohne daß die apologe tische Tendenz hervorgekehrt wird, schon an und für sich als wundervolle Apologie zur Kräfbigfung des ka tholischen Bewußtseins, zur Ausrüstung der Diener der Kirche überall''^-'). Dazu betonte er, „natürlich in einem gebührlichem Maße", die Kg. Österreich-Ungarns, um die vornehm lich in jenen Tagen so dringliche Vaterlandsliebe zu wecken; „denn mitten im Leben soll der Geistliche ste hen, nur zu oft wird er in politischen Dingen von sei nen Leuten gefragt und dient ihnen als Leiter. Gründ liche Kenntnis der Kg. seines Landes, seines Volkes begeistert ihn und nicht allein für die hehren Namen der Blutzeugen und Bekenner, die in Österreich-Ungarn die Kirche aufgerichtet haben: sie lehrt ihn auch den Fortschritt der Kirche in seinem Vaterlande kennen, die Rechte, die sie sich erworben, die Wohltaten, die sie gespendet, die bitteren Zeiten, die sie durchge macht, die Triumphe, die sie gefeiert, wenn ihre Kinder treu zu ihr hielten, die Größe Österreich-Ungarns, wenn die Kirche.ruhig sich entwickeln und frei walten konnte"25). Diese Rücksichtnahme auf die Gesamt österreich-ungarische Kg. war ihm schon beim Er scheinen seiner Kg. im Jahre 1884 als eine vorbildlich-, patriotische Leistung hoch ai^erechnet^s) und ihm Fakultätsgutachten des Jahres 1886 neuerdings be stätigt worden. Wie sehr Kopallik gerade dies am Herzen lag und er es getreu auch verwirklichte, beweisen zudem seine Publikationen im WDbl. vom Jahre 1882 bis 1887, die einen geschlossenen Überblick über die heimische Kg. bieten, angefangen von der Begründung des Christen tums in Nö. bis zur Beendigung des Interregnums nach der Babenbergerherrschaft^^), dazu Aufsätze über andere Partien der Wiener Kg.^»)^ die alle einen an die 300 Seiten starken Quartband füllen dürften, und schließlich auch die überblicke in den Einleitungen zu den beiden Regesten-Bänden I (S. IV-VII) und II (S. III-XH). Wie er seine Schüler in die historische Methode einführte, so weit es im Rahmen der theologischen Vorlesungen möglich war, so belehrte er sie beharrlich und hielt sie dazu an,stets und möglichst auf die Quel len zurückgreifen.^«) Dabei ging er selbst mit bestem Beispiel voran, da er sich nun mit ganzer Hingabe der Aufschließung und Ausschöpfung de^ reichhaltigen Wiener Diözesanarchivs (worüber aber eigens einmal zu handeln sein wird) und anderer Archive widmete. Mit Datum vom 1. Dezember 1886 erfolgte seine Betrauung mit dieser Aufgabe durch Kardinal Fürst erzbischof Gangibauer. Die Anregung hiezu war von dem um die Förderung des Vereines für n. ö. Landes kunde hochverdienten Prälaten und Ordinariatskanzler Kanonikus Franz Komheisl ausgegangen^o), der wie Kopallik zu dessen eifrigen Mitgliedern zählte und erst in der August-Nummer des WDbls. „mit dem lebhaften Wunsche, dessen Bestrebungen zu fördern", den langen Aufruf des Präsidiums zur Empfehlung und Kenntnis nahme für den Klerus abgedrucktsi) und der schon längst unverkennbar als Herausgeber und Redaktor eben des WDbls. sein tatkräftigstes Interesse dafür be wiesen hatte32). i>as Schreiben lautet: „Hw. H. Professor! Mit Interesse und großer Freude folgte ich den werthvollen Vorarbeiten, welche Sie seit einer Reihe von Jahren für die Geschichte der Erzdiöcese Wien im Wiener Diöcesanblatte veröffent licht haben. Da nun diese Arbeiten so weit gediehen sind, daß an die wissenschaftliche Bearbeitung der Geschichte der Erzdiöcese selbst geschritten werden kann, ersuche ich Euer Hw., mit jenen Priestern der Erzdiöcese, wel che geneigt und befähigt sind, an dieser ebenso ehren vollen als verdienstlichen Arbeit sich zu betheiligen, in Verbindung zu treten, damit durch deren Mithilfe etwa noch vorhandene ungedruckte Quellen, die in Kloster-, Pfarr-, Schloß- und anderen zugänglichen Archiven sich befinden, mit Sorgfalt und Treue be nützt werden, und so durch vereinte Kräfte unter Ihrer umsichtsvoHen Leitung und vollendeten Redaktion ein Werk zu Stande komme, welches dem Gehalte nach möglichst vollständig, in formeller Hinsicht auf der Höhe der jetzigen Geschichtsschreibung stehend, Euer Hw. und Ihren Mitarbeitern zum bleibenden Ruhme, unserer hl. Kirche und der Erzdiöcese zur Ehre sein wird. Gottes Segen sei mit Ihnen und Ihrer verdienst lichen Arbeit".«^) Kopallik richtete auch sogleich die Bitte an jene Kleriker, die sich an der Herbeischaffung und Bear beitung des Materials für eine (beschichte der Wr. Erzdiözese beteiligen wollten, sich mit ihm in Verbin dung zu setzen.34) Unmittelbar vorher hatte er in der Juli-Numimer des WDbls.3^') schon ideell darauf vorbereitet, da er sich mit der kirchlichen Lokal-Geschichtsforschung be faßte imd ausführte: Wie bisher für den großartigen Bau der Kg. die Beiträge Tausender notwendig waren, so seien auch weiterhin für die kg. Riesenarbeit ein gemeinsames Zusammenwirken und Arbeitsteilung er forderlich. Da die Kirche seit dem XVI. Jh. von der Geschichte her am meisten bekämpft werde, sei es Aufgabe des Klerus, sie mit gleichen Waffen, d. 1. auf historischem Gebiete, zu verteidigen, wofür Leo XIII. im Breve Saepenumero v. 18. 8. ISSS»''«) als Richtschnur aufgestellt habe:...et illud in prlmis scribentium observetur anlmc, primam esse historiae legem ne quid falsi dicere audeat; delnde ne quid veri non audeat; ne qua suspicio gratiae sit in scribendo, ne qua simultatis." Die Aufforderung darin zu regem Eifer für die Geschichtsforschung gelte in concreto der Pflege der kirchlichen Spezial- und Lokalgeschichte und den For schungen, die jedem Priester durch seine Stellung, dem Pfarrer in seinem Sprengel, dem Ordensmann in seinem Kloster und Orden, vorgezeichnet seien. Wie kaum jemand sei gerade der Geistliche dazu berufen, 11

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