Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Zur Geschichte der Verehrung des heiligen Bischofs Ulrich Karl Keck,Senning Das prächtige Buch über das Stift Melk von Flossmann, Hilger und Fasching bringtin den Bildern79und81denausder Mitte des 14. Jahrhunderts stammenden Ulrichsbecher,derangeblichdem Bischof als Trinkgefäß gedient haben soll. Vielleicht wurde er eher am Ulrichstag oder sonst in einer Ulrichskirche bei ei nem Gottesdienst verwendet. 1756,am 3. September, trägt das Passauer Konsisto rium dem Dechanten Matthias Hierztlvon Langau auf, eine Untersuchung zu Zellerndorf anzustellen. Dort werde am 2. und 3. Ostertag den Leuten aus einem konsekrierten Kelch mißbräuchlich zu trinken gegeben.Am 4.Dezember berich tet der angezogene Dechant.deram 19. in Zellerndorf gewesen war: Alljährlich fin det sich seit undenklichen Zeiten in Platt in der Filialkirche St. Ulrich am Osternachmittag eine zahlreiche Volksmengezu einer Predigtein;dann ist eine Weinweihe, bei der St. Ulrichs Für bitte angerufen wird. Dann wird aus ei nem zu diesem Zweck bestimmten Kelch (ob konsekriert, ist unbekannt, aber nie malswird erzum hl. Meßopferverwendet) der Weinzum Trinken gereicht.Die Gläu bigen hoffen, wenn sie diesen geweihten Wein mit Andachttrinken,von Krankhei ten und „specialiter von dem Fieber" be freit zu sein. Ob künftig hin diese Weihe und das Zutrinkengeben unterlassen werden soll, das wird dem Konsistorium anheimgestellt (Diözesanarchiv Wien, Schachtel Platt). Der Ulrichsbecher von Melk mag so eine Trinkschale gewesen sein,aus deran gewissen Tagen geweihter Wein getrunken werden konnte. Wasanderes tat sich in St.Ulrich damals Filiale von Dobermannsdorf,ab 1784 Zugehör zur Pfarre Hauskirchen. 1544 heißt es, der Pfarrer von Altliechtenwart käme nach Neullechtenwart(so hieß St. Ulrich damals)im Jahr dreimal, nicht allein zu der Fechsung und, wann St. Ulrichs Kirchtag ist(Wiedemann Th., Geschichte der Reformation III S.270). 1570 ist Haus kirchen Pfarrzentrum für St. Ulrich(Jeune, Documenta Liechtensteiniensia. Unpaginiert). 1648, 26. 6. bittet der Pfarrer Cadus von Hauskirchen, da er die Pfarre St.Ulrich versehe,daß ihm das Ulrichsop fer überlassen werde. Das Konsistorium antwortet: Der Dechant von Walterskir chen solle bis zum Austrag der Sache das Opfer verwahren (KonsistorialprotokoU 1622).1687,4.5.berichtetderDechant von Falkenstein (Hohenleutten) vom Kapel lerle neben dem sallitrischen Bade,in das sich die vom Fieber Angestoßenen hin einlassen. Dann opfern sie in der Kapelle. Er ist dafür,daß man die Opfereinhebung der Gemeinde abnehme und nach Dober mannsdorf dem Pfarrer gebe, und, daß die Opfer für 3Jahre nachgezahlt werden sollen (KonsistorialprotokoU 1689 folio 169), das ist dem Konsistorium recht. 1707 heißt es in der Generalvisitation des Dekanates an der Hohenleuten(ad altos „montes"): Außer des Dorfes ist ein kleinesBründl,beiwelchem andem Feste des hl. Ulrichs unterschiedUche unge bührliche beiderlei Geschlechts Manns und Weibspersonen in Entblößung, um sich daselbstzu baden,welches die Herr schaft(wohlFeldsberg)und dasDorfohne Wissen des Pfarrers an sich ziehen (Diö zesanarchiv,Visitationen)1710,21.2.Eine Viertelstunde von der Pfarrkirche Do bermannsdorf ist ein Mineralwasser brunn.Dort badenzu St.Ulrich beide Ge schlechter, das männliche nur mit Hem den angetan. Die Männer tunken die Frauen ein zur Erhaltung der Gesundheit und aus Aberglaubens. Während die Hemdentrocknen,stehen die Männerund Frauen nackt da. (Konsistorialprotokoll 1710 S. 123). In derselben Sache wandte sich 1710,30. 10 Fürst Johann Adam An dreas Liechtenstein (Konsistorialproto koU 1710.S.120)andasKonsistorium.Um 1719 heißt es im VisitationsprotokoU:Zu Ulrich baden Burschen, Mädchen,Frau en,reife Männer.Sie sind miteinem blo ßenTuch angetan,tauchen dreimal unter, 2 vom Richter besteUte Männer üben die Aufsicht Nach dem Bad stehen sie nackt da.Der Pfarrer konnte es nicht abstellen. Inwieweit die Unzukömmlichkeiten abgesteUt werden konnten, darüber fehlen Nachrichten.Die QueUejedenfallsläßtihr kaltes Schwefelwasser ungenützt rinnen. Das Badebecken ist noch zu erkennen. Die Kirche, die ein großer Anziehungs punkt war(Reste eines im Freien aufgesteUt gewesenen Predigtstuhles imd aus den Akten ersehbaren Hinweise deuten darauf hin) wurde 1978 gründlich erneu ert. Eine Madonna um 1420 war 1965 in Salzburg ausgesteUt, aber irrtümUch als aus der Pfarre Hausleiten seiend,istjetzt im Wiener Dom- und Diözesanmuseum ausgesteUt. Die Ernennung des Abtes Cölestin Gangi bauer zum Fürsterzbischof von Wien Fortsetzung DDr.Josef Lenzenweger,Schluß Die endgültige Entscheidung für Gangibauer seitens der staatlichen Be hörden war nunmehr schon vorbereitet werden bzw.gefallen. Der Kandidat hatte offenbar inzwischen seine Zustimmungs erklärung abgegeben"*®. Am 19. März wurde im Ministerrat beschlossen, Gangibauer vorzuschlagen. Der mit 20. März datierte Vortrag beim Kaiser erläu terte diese Vorgänge. Nach Hinweis auf die schwierige und verantwortungsvoUe Aufgabe und nach einer hervorhebenden Würdigung des verstorbenen Fürsterzbi schofs Kutschker'" brachte der Cultusminister die Namen aUerKandidaten vor,die von beiden Bischöfen der Kirchenprovinz"*® genannt worden waren,und schlug schließlich, wie er sich ausdrückte, nach längerer Überlegung nun Gangibauer vor. Zunächst erwähnte er, daß Gruscha, der in Frage gekommen sei, entschieden ab gelehnt habe.WeihbischofAngerer werde zwar seiner derzeitigen Stellung in ausge zeichneter Weise gerecht,ebenso unzwei felhaft sei er aber den höheren Anforde rungen des erzbischöflichen Amtes nicht gewachsen.Der von beiden Bischöfen ge nannte MüUer sei ein frommerund würdi ger Mann,habe aber bisher nur in relativ bescheidenen Stellungen gewirkt und seine Befähigung zu einem so hohen kirchlichen Amtnoch nicht unter Beweis stellen können. Interessantistnun,daß derMinister mit keinem WortaufdenVorschlag Rudigiers, Zwerger betreffend,einging, Auch Burg pfarrer Mayer und die beiden „auswärti gen" Kandidaten, nämlich Erzbischof Eder und Bischof Frind, die Binder ge nannt hatte, wurden gar nicht erwähnt. Dies mag bei Frind um so mehr überra schen, als der Minister seinerzeit*® seine Nominierung ausdrücklich gewünscht hatte. Vielleicht waren in Wien Nachrich ten über Frinds Gesundheitszustand ein getroffen, die dazu rieten, von einer Kan didatur des Leitmeritzer Bischofs abzu sehen". Am Schluß des Vortrages wurde der in Aussicht genommene Abt von Krems münster geschildert.Er sei sozusagen der einzig mögliche Kandidat, eine in jeder Beziehung hervorragende und ausge zeichnete Persönlichkeit,so daß er als ein nicht unwürdiger Nachfolger Kutschkers bezeichnet werden könne. Nach Anfü gung der biographischen Daten (geb. 1817, 1838 als Novize in Kremsmünster eingekleidet, 1842 Profeß, 1843 Priester weihe,Tätigkeit in der Seelsorge und am Gymnasium, 1876 fast einhellige Wahl zum Abt)führte der Minister aus,daß der Abt besonders in dieser Stellung Eigen schaften bekunde,dieihn den bedeutend sten Persönlichkeiten würdig an die Seite stellten: „Exemplarische" Frömmigkeit, echte christliche Milde derGesinnung,ein überaus wohlwollendes, leutseliges We sen vereinige er mit hervorragenden Gei steseigenschaften, wie Gelehrsamkeit und Klugheit, und entschlossen-kraftvol lem Auftreten. Seine echt österreichische Gesinnung und unbegrenzte Hingabe an Kaiser und Reich machten ihn über alle Zweifel erhaben. Von Gangibauer sei zu erwarten,daß er das derzeitige friedliche Verhältnis zwischen Kirche und Staat aufrechterhalten werde. Der Umstand, daß er Regularpriester sei, falle nicht ins Gewicht,daschon zahl reiche andere Professen aus dem Bene diktinerorden zur bischöflichen Würde 19

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