Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

stattfand, wobei alle „opferten", die es bei der Mette unterließen. Die Statistik vermeldet für die Zeit vom 13. Juli bis 31. Dezember 1851: approximativ im Sommer 5000, im Winter 1500 Seelen; in der Kirche wurden 61 Kin der getauft, eines notgetauft, eines kam tot zur Welt; beerdigt wurden 55 Personen, getraut 7 Paare®). Nachdem bereits gegen Jahresende in der Nadibarschaft der Typhus so arg gewütet hatte, daß das mit 90 Betten ausgestattete Spital beim Jägerhaus (Schottwien) nicht mehr ausreichte, wurde auf der Spießwand ein Notspital geschaffen, das Kurat Sedlak zu betreuen hatte, wo bald die 40 Betten nicht mehr genügten und daher mehrere Betten doppelt (!) belegt weiden mußten. Man konnte kaum zwischen den Bet ten durchgehen. Vom 7. Dezember 1851 bis 16. Februar 1852 wurden von ihm 83,meist Typhuskranke,versehen. Ein paar Tage darauf wurde er selbst nach Wasserinnken vom Typhus befallen. Nun schildert er die Schwierigkeiten, die sich dabei ob seines Alleinseins ergaben: wie er sich in die Kirche schleppte und den Leuten zulieb unaufscäiiebbare Trauungen vollzog, bis es ihn vollends bis 18. März aufs Krankenlager warf, Daß während dieser Zeit kein Verfall ausbrach, glaubte er besonders hervorheben zu müssen. Im April jedoch waren dann wieder 22 Versehgänge notwendig. Da Kurat Sedlak in seiner Selbstlosigkeit sonst kaum von seinem mühseligen und opferreichen Wirken erzählt, sei dies aus der Eingabe des Konsistoriums an das Ministerium um einen Holzbeitrag für ihn und seinen Mesner angedeutet:^®) Da beide an einer äußerst beschwerlidien Seelsorge-Station angestellt seien und der Kurat seinen „aufhabenden" Berufspflichten mit gewissenhafter Treue und Ordnungsliebe nachgekom men sei; da femer das Wirken eines Seelsorgers im Gebirge während der langen rauhen Jahreszeit weit mehr mit Beschwerden und Opfern verbunden sei als auf dem flachen Lande und dem Kuraten und seinem Mesner, wenn sie von dem einen oder anderen oft bis zwei Stunden und noch mehr dauernden Versehgang zurückkehren, ein geheiztes Zimmer doch gewiß ein unabweisliches Bedürfnis sei; da' endlich die Verpfle gung den Seelsorgern im Gebirge von jeher wegen der weiten Entfernung ihrer Bedarfsdeckung weitaus höher zu stehen komme; weil bei dem großen Zusam menfluß der Arbeiter am Semmering die Teuerung einen sehr hohen Grad erreicht habe und die StolaZuflüsse von selten dieser armen „Pfarrlinge", welche selbst nur das Notdürftigste haben, gar nicht in An schlag gebracht werden könne, so werde um die Zuwei sung von 10 bzw. 5 Klaftern weiches Holz für beide erbeten. — Wurde verständnisvollerweise gewährt und in Geld geboten. ' „Damit nichts unterbleibe, was zur Andacht der Gläubigen wesentlich beiträgt", wurden die Gottes dienste, Prozessionen und Feiern (meist auf den Sonn tag verlegt) wie in „Plenarpfarren" abgehalten. In der Karwoche wurde ein schlichtes hl. Grab errichtet^^), wozu die zuständige Bauunternehmung um das „Ge stell" angegangen worden war. Während die Prozes sionen am Märkustag und an den Bittagen haupt sächlich nur von Kindern frequentiert wurden, war der erste Fronleichnamsumgang ein voller Erfolg. Beide Oberingenieure samt untergebenem Personal wurden hiezu eingeladen. „Kaum^ war das Ingenieur korps eingelangt, begann die Feier. Die Spitze bildeten die Schulkinder, rosenkranzbetend, ihnen folgten unter Vorantragung der Fahnen, getragen von Bergknappen, die Italiener, singend das Pangelingua, dann Kranzlmädchen, Blumen streuend und weiters unter dem von Bergknappen getragenen Baldachin das Hochwürdigste Gut, dahinter die k. k. Privatbeamten, hernach die Deutschen und zuletzt die Slaven, jede Nation nach ihrer Weise singend". Bei den Altären wurde abwech selnd lateinisch, deutsch und böhmisch gesungen. Ohne Übertreibung, glaubte der Kurat berichten zu können, daß sich gegen 3000 Personen daran betei ligten. Umrahmt war die Feier von den unerläßlichen .,Pöllerschüssen", „Butteroni" und Musik. Nach geen deter Feierlichkeit kam eine von den vielen Damen, die während der Meßfeier das als Oratorium einge richtete vordere Zimmer des Kuraten benützten(eine Gräfin von St. Christoph bei der Schlögelmühle) und versprach, einen selbstgestickten Baldachin zu widmen, während eine andere unbekannte Wienerin durch den Kassier der Bauuntemehmung einen prachtvollen Teppich in Auftrag gab.. „Confundemur an non?" ver merkte überrascht der Kurat^'^) hiezu. * Die Italiener scheinen am gesangsfreudigsten gewesen zu sein, da sie audf am Allerseelentag ganz allein Matutin und Laudes persolvierten. Noch am Weihetag der Kapelle (13. 7.) war auch das Armeninstitut errichtet worden, dessen Einnahmen sich aus Strafgeldern, Tanzmusiklizenzgebühren und üblichen Opfergängen eben für dieses Institut zusam mensetzten. Auf die Anfrage nun von Seite der k. k. n. ö. Prov. Staatsbuchhaltung, welche Bewandtnis es mit dem neuerrichteten Armeninstitut habe, welche Armen darauf Anspruch haben, warum die Rech nungslegung vom Kuraten ohne Beiziehung einer fer neren Kontrolle besorgt worden und ob es nicht an gezeigt erscheine, den Kassarest abgesondert vom Pfarrarmeninstitut zu deponieren, gab dieser nicht uninteressante Erläuterungen hiezu^®): Da die Kuratie zwar eine zeitweilige, jedoch selbständige Seelsorge station sei, habe es der Kurat doch für seine Pflicht erachtet, mit Beginn seiner Amtstätigkeit genannte Gelder in Empfang zu nehmen, bzw. einzukassieren, um von deren Ertrag den gesetzlichen Bestimmungen gemäß notleidende Pfarrkinder zu unterstützen; frei lich habe er nicht eine regelmäßige Beteilung gelei stet, da sie bei den ganz eigentümlichen Verhältnissen nicht notwendig, wohl aber gegeben sei, wenn z. B. Familienväter dahinsterben und die „Zurückgebliebe nen" ganz mittellos in ihre Heimat zurückkehren müs sen; oder wenn Arbeiter nach langwieriger Krankheit genesen und nicht gleich wieder arbeiten können, oder zu einer Zeit genesen, wo es für sie keine Arbeit gibt, wo sie öfters beim schlechten Zustand der Bekleidung heimkehren müssen"; endlich zur Unterstützung armer Kinder an der ebenfalls neugegründeten Eisenbahn schule durch Bücher, alles Fälle, die im abgelaufenen ersten Jahr vorgekommen seien. — Die Kontrolle werde von nun an ein bis zum Bauabschluß bleiben der Ingenieurstellvertreter durchführen. — Die ein laufenden Beträge seien zu gering, als daß sie in den Händen des Kuraten nicht sicher genug aufbewahrt werden. Sie können auch nicht hoch anwachsen, weil 42

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