Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

kommandos des Pustertales „durch seine Beredsamkeit und tätige Verwendung an den mehrmaligen glückli chen Vorfällen der Landesverteidigung wesentlichen Anteil hatte"; desgleichen im August für den Tiroler Weltpriester und gewesenen Feldkaplan bei der Lan desverteidigung Johann Matthäus Stuefer, der auf Grund von Zeugnissen und einer Bestätigung durch Freiherm v. Hormayr (im Aufstand 1809 Hofkommissär in Tirol, fruchtbarer Historiograph etc.) „Rücksicht verdiente": weiters im September für den gewesenen Feldkaplan des Tiroler Landsturms Christoph Vielmetti; im Dezember für den Pfarrhelfer von Feldkirch (Vorarlberg) Joh. Christian Steyer, „der sich im letz ten Krieg als Feldkaplan der dort bestandenen Landes insurrektion um den österreichischen Staat so wesent liche Verdienste erworben, daß Se. Majestät ihm über einen vom Grafen Ugarte untertänigst erstatteten Vortrag das goldene Ehrenkreuz pro piis meritis und eine überbrückungspension von 500 Gulden verlieh. Dazu kam noch der Weltpriester Siai-d Hofer und vor allem der verwegenste und gefeiertste unter ihnen: P. Joachim Johann Simon Haspinger, über den, weil am meisten bekannt und zu sagen, auch etwas mehr be richtet werden soll.2) Genannter P. Hasplnger, 1776 im Pustertal als Sohn begüterter Bauersleute geboren und von diesen zum geistlichen Stand bestimmt, begann erst als Sieb zehnjähriger sein Studium, zeichnete sich schon als Student (in Bozen und Innsbruck) in den Ahwehrkämpfen gegen die Franzosen aus, wurde 1802 Kapu ziner, 1805 zu Meran Priester. Den Unruhigen, schon Kampferprobten litt es nicht im stillen Kloster von Klausen. Rief zum Widerstand gegen die verhaßten „Blauröcke", diese „Atheisten und Freimaurer" aus Bayern, auf, führte die Bauern in einem richtigen Guerillakrieg als Feldpater und Feldhauptmann an, war in den Freiheitskämpfen d. J. 1809 mit A.Hofer — von dem er später sagte, der sei mehr Geistlicher als Soldat gewesen, während von ihm gerade das Gegen teil gegolten — und J. Speckbacher entscheidend am Siege auf dem Berg Isel beteiligt, vollbrachte Wunder der Tapferkeit, ja des Draufgängertums, wirkte in der Kutte wie ein Peter v. Amiens oder Joh. v. Capestrano anfeuernd auf seine gläubigen Gefolgsmannen, drängte Hofer nach Abschluß des österreichischen Waffenstill standes zu neuerlicher Erhebung und schwärmte in sei ner politischen Romantik davon, die alpcnländischen Völker gegen Napoleon, „das apokalyptische Tier", aufzuwiegeln, freilich ohne Erfolg. Mußte nach dem Zu sammenbruch zweimal in die Schweiz flüchten, da über all Häscher nach dem gefürchteten „Rotbart" aus waren, bis er unter falschem Namen sich über Ober italien und Klagenfurt nach Wien durchschlagen konnte, wo ihn Ende Oktober 1810 Kaiser Franz huldvoll auf nahm, und für ihn aus der „Cabinettscasse" sorgte. Erzbischof Hohenwart drang nun darauf, daß Haspin ger, da ein Ordensmann auch nicht für Religion und Vaterland zu den Waffen greifen dürfe, säkularisiert, also Weltpriester wurde. 1813 begab sich dieser noch einmal in geheimer Mission nach Tirol. ■^) Wurzbach VIII 34/41. LfTHuK. (1932) IV 837; ÖBL (1959) II 203 f. Uber diese von Grafen Ugai-te empfohlenen Tiroler Priester berichtete nun Hohenwart Mitte Februar 1810 an den Statthalter Sauru, daß er bei dem gegenwärtigen Priestermangel alle mit Ausnahme des der deutschen Sprache zu wenig kundigen Südtirolers Vielmetti zur Aushilfe in der Seelsorge verwendet habe, und dies umso mehr, als einige bloß ein „Graziale" statt einer Pension erhalten haben; dann weil es ihm gefährlich erschien, diese Priester in Wien unbeschäftigt zu las sen; und weil er sie erst auch kennenlernen mußte, be vor er sie dem Antrag des Obersten Kanzlers gemäß zur Aufnahme in die Erzdiözese oder vollends auf eine Pfründe In Vorschlag bringen konnte. Sollte nun er reicht werden, sie durch wirkliche Anstellung als Kooperatoren oder salbständige Seelsorger aus der Pen sion zu bringen, so müßten sie in die Diözese aufge nommen werden und den landesfürstlichen Tischtitel (die vom Bischof bei der Weihe übernommene Verplichtung des Untertialtes) erhalten, zur Erlangung der Pfründe aber die vorgeschriebene Konkursprüfung machen, wozu er sie auch bereits angewiesen habe. Da sie sich in ihrer Lage nicht durch Studienzeugnisse auszuweisen vermögen, sei es eben sehr zweckmäßig, daß ihnen Gelegenheit zum Erweis ihrer Brau(drbarkeit geboten wurde. Und so könne er bestätigen, daß sie alle gute, gesittete, brauchbare, wohlunterrich tete Seelsorger seien. Deshalb ersuche er Se. Exz. für sie um Aufnahme und Tischtitolverleihung „mit Be freiung von Beibringung der Auswanderungslizenz und der Studie»izcugnisse", da sie ohnedies die PfarrkonKursprüfung machen müßten. Ohne auf ihre weiteren Lebensschicksale bis ins Detail einzugehen, da die meisten aus ihnen nur vorübei'gehend und in provisorischer Verwendung stan den, sei nur einiges erwähnt. So war Lantschner In Pei'chtoldsdorf, dann in NeudoiT und Breitenfurt, Hofer in Gschaidt, Steyer in Ulrichskirchen; Tiefen thaler in Pillichsdorf, starb aber bereits im Jänner 1812 als Aushilfspriester in Großengersdorf. Haspinger war 1811—13 Provisor in Jsdlesee und Großjedlersdorf, nach der Rückkehr von der Geheimen Mission 1813 ohne Anstellung, um sich auf den Pfarrkonkurs vorzu bereiten, war dann wieder an den oben genannten Orten Seelsorger und. von 1815—36 Pfarrvikar in Traunfeld (mit der Kirche am hl. Berg), Dekanat Pillichsdorf, N.Ö., wo er nach einem langen Papierkrieg mit den Behörden, dann in Eigenregie ein neues Vikariatshaus baute. Lebte dann im Ruhestand in Hietzing, Sievering und wiederum in Hietzing, zog noch mit 72 Jahren 1. J. 1848 als Feldkurat mit einer Tiroler Studentenkom pagnie nach Oberitalien zu Vater Radetzky, kehrte wieder nach der Kaiserstadt zurück und lebte 1851—54 in Döbling. Übersiedelte schließlich nach Salzburg, wo ihm die kaiserl. Muniflzenz eine Freiwohnung in der k. k. Sommerresidenz Mirabell verlieh und einen sor genfreien Lebensabend bereitete. Zum goldenen Prie sterjubiläum durch Feste und literarisch geehrt, schloß dieser unstete Geist und „HeQdenpriest^" im Alter von 82 Jahren am 12. Jänner 1858 die Augen und wurde am selben Tage wie Feldmarschall Radetzky bestattet. Später wurde seine Leiche in der Hofkirche zu Inns bruck neben der Andreas Hofers beigesetzt. Interessant ist die Verwendung Stuefers, der als 26

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