Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

r'- '. Beiträge Nr. 2 zur Wiener Diözesangesdiidite BE ILAQE DES WI ENER DIÖZESANBLATTES Nr. 3(März 1964) 102. Jahrgang Wien,am 1.März1964 5.Jahrgang Inhalt: 7. Kardinal Cölestin Joseph Gangibauer, Fürsterzbischof von Wien. I. Aus seiner vorbischöflichen Zeit. ~ 8. Möns. Dr. phil. Franz Haider, vorläufig letzter Rektor des österreichischen Pilger-Hospi zes in Jerusalem (t 28. IX. 1963). — 9. Mitarbeiter am Kopallik'schen Regestenwerk: Pfarrer Johann Durkalec. — 10. Zur Geschichte der alten Pfarrkirche in Stockerau. 7.Kardinal Cölestin Joseph Gangibauer Fürsterzbischof von Wien I. Aus seiner vorbischoflichen Zeit Dr. Franz Loidl Mit ihren fruchtbaren Äckern, saftigen Wiesen und den kleinen und großen Obstgärten und „Höl zern^)" gehört die sich zwischen den Städten Steyr und Wels, besser auf dem Höhenrücken zwischen der Steyr und Enns erstreckende Hochfläche'-^), nicht bloß zu den ertragreichsten Landstrichen des gesegneten Landes ob der Enns, sondern offenbart auch mit dem Alpen kranz im südlichen Hintergrund ihre eigenartigen landschaftlichen Reize. Die für dieses Land so typi schen Vierkanthöfe beherrschen wie richtige Bauern burgen dieses Gebiet und bringen auch bestimmte, echt bäuerliche Charakteranlagen zum Ausdruck. Aus einem dieser Vierkanter, wenn auch nicht dem größten-''), zu Thanstetten bzw. Schiedlberg im politi schen Bezirk Steyr, ging Kardinal Gangibauer hervor. Die Weltpriesterpfarre Schiedlberg-Thanstetten ist im Vergleich zu den viel älteren Nachbarpfarreien verhältnismäßig jung. Das Seelsorgsgebiet gehörte früher zur Pfarre Sierning und wurde erst durch die Pfarreinteilung Kaiser Josefs II. i. J. 1786 als eigen ständiger Pfarrsprengel daraus gelöst und dem Säku larklerus übertragen. Infolgedessen fand .der erste Pfarrer weder Kirche noch Pfarrhof vor, erhielt aber die Erlaubnis, vorläufig in einer benedizierten Holz kapelle die hl. Messe zu zelebrieren. Sonst mußte er einige Zeit seine neue Gemeinde von Sierning aus pastorieren. In den Jahren 1786—1790 erstand dann die heutige Kirche samt Pfarrhaus und Schule darin. Zum Titel und als Patronin erhielt das 1790 benedizierte und 1828 vom zuständigen Diözesanbischof aus Linz, Gregorius Thomas Ziegler, feierlich geweihte Gottes haus Mariä Verkündigung. 1850 wurde Thanstetten zur selbständigen Gemeinde erhoben, mit 1. Jänner 1947 das Dorf und damit auch die Pfarre in Schiedlberg umbenannt), wo sich von Anfang an Kirche, Pfarrhof und Schule befanden. Gangibauers Geburtshaus mit dem Hausnamen Neuhauser in Schiedlberg Nr. 23 (aber Pfarre St. Marien) gehörte bis zum Revolutionsjahr 1848 zur Herrschaft „Kirchenamt Steyr". Besitzer waren von 1785—1814 Vitus und Theresia Ganglbaur, geb. Englbrecht, und von 1814—1850 Johann und Katharina Ganglbaur, geb. Weinberger"). Diesen schlichten Bauersleuten wurde am 20. August 1817 unser Kir chenfürst als erster Sohn geboren, den sie auf den Namen Joseph taufen ließen; interessanterweise in der eineinviertel Stunden entfernten Pfarre Weichstetten®). Joseph folgten noch zwei Brüder, ein Franz'') und dann ein Johann, der mit Theresia Lederhilger vermählt; schließlich von 1851—1892 das väterliche Haus über nahm®), und ein Mädchen, das als Bäuerin nach dem benachbarten Sierning verheiratet wurde. Nach dem Besuch der einklassigen Volksschule®) seines heimatlichen Dorfes, die dem unverbildeten Bauernkind sicher die für damals genügende Wissens grundlage geboten hat, durfte sich Joseph dem Stu dium widmen. Er bezog daher 1830 das damals von über 350 Schülern aus verschiedenen Kronländern der Monarchie besuchte Stiftsgymnasium in Kremsmünster und wohnte im ersten Jahr seines Gymnasiallebens bei Verwandten auf dem Gustermeierberg, von wo er bei Wind und Wetter einen längeren Weg zu gehen hatte. Im nächsten Jahr wurde er jedoch ins Konvikt aufgenommen. Von den Mitschülern stets als höchst einfacher, bescheidener und freundlicher, dabei auf geweckter und strebsamer Kamerad geschildert, er scheint der Student in den Gymnasial- und Lycealkatalogen des Stiftsgymnasiums durchaus als Vorzugs schüler auf, dessen sittliches Verhalten ausnahmslos als mustergültig bezeichnet wird^®) und der gleich in den ersten Jahren bei der feierlichen Preisverteilung öffentlich belobt wurde^^). Nachdem er 1836 die Gymnasial- und 1838 die Lycealstudien absolviert hatte^"), trat er am 24. Sep tember unter AbtJoseph Altwirth (1824/40) ins Noviziat des Benediktinerstiftes Kremsmünster ein und bekam bei der Einkleidung den Klosternamen Cölestin"). Den Beruf zum Priestertum verdankte er sicher nicht zum geringsten Teil seinem Milieu, dem er ent stammte, und den zum Ordensstand bestimmten An regungen und Eindrücken, die er während seines Stu diums empfing. Die Gangibauer waren ein schlichtes, aufrechtes und gläubig-frommes Bauerngeschlecht. Jetzt noch finden sich als religiöse Hauszeichen ein Bild Mariä Verkündigung überm Haupteingang des Vaterhauses (Schiedlberg Nr. 23)^-') und im geräumi gen Vorhaus und in den Wohn- und Aufenthaltsräu men an der Decke das Monogramm IHS mit Kreuz darüber. Die Gangibauer betrieben auch den PferdehandeP®), waren jedoch manchen damit verbundenen Praktiken bei ihrer Gutgläubigkeit und Rechtschaffen heit nicht gewachsen und erzielten daher nicht den 9

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