Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

Mitarbeiterinnen erfüllen. In beiden Funktionen, konnte ich mit zahlreichen hervorragenden Priestern und Laien, Frauen und Männer aus Kirche und Ge sellschaft ganz Österreichs und vieler Nachbarländer im Dienst an den Men schen zusammenarbeiten, und wir konn ten gemeinsam alle Themen aufgreifen und bearbeiten, die uns für das Leben imd Wirken der Kirche wichtig erschienen. Da es nicht nur unsere Aufgabe war, an der Umsetzimg der Ergebnisse des II. Vati kanischen Konzils auf die österreichi schen Verhältnisse(bei der Zeitschrift auf die Verhältnisse aller deutschsprachigen Länder) mitzuwirken, sondern auf allen Gebieten und immer wieder neu Pro bleme, Mängel, Schwächen, Fehlent wicklungen usw. aufzuzeigen und ent sprechende Vorschläge für die Bischofs konferenz und für die gesamte Pastoral auszuarbeiten, war es bisweilen mühsam, Verständnis für die Notwendigkeit ver schiedener Schritte zu wecken, Mei nungsverschiedenheiten auszuräumen, Konflikte zu lösen. Dazu kamen Spanlumgen, die sich aus meiner Doppelfunk tion ergaben. Dafilr braucht man eine solide Basis. Deshalb kurz einige Streiflichter auf meinem Weg hin zur konzilsojfenen Theologie. Aufgewachsen in einer Tiroler Land gemeinde mit einem lebendigen religiösen Brauchtum, mit schön gefeierten Festen, Prozessionen, Hochzeiten, Begräbnissen, mit Tischgebet vor und nach dem Essen, mit täglichem Rosenkranz usw., erlebte ich „die Religion" als eine wesentliche Gnmdlage meines Lebens. Mit manchen Erfalirungcn berührte ich schon damals die Wurzeln des späteren Konzils. So komite ich als etwa Zehnjähriger mit Hilfe eines Schott-Meßbuches die Messe in deutscher Sprache mitfeiern. Wälirend der Gymnasialzeit im Salzburger Knaben seminar Bonomäum kamen wir über einige Mitschüler früh mit dem Gedan kengut der Jugendbewegung und der Liturgischen Bewegung in Kontakt. So beeindruckten mich auf einer Singwoche des Bundes Neuland, die von Pfarrer Jo seph Emst Mayer geleitet wurde, auch besonders seine täglichen Vorträge über die Meßfeier. Nach der Matura be,schloß ich,Theologie zu studieren - aber nicht im Priesterseminar Salzburg, sondern in hinsbruck und als Laie (ich verbrachte dami aber auch drei Jahre in einem Prie- .sterseminar). Schon neben dem Philoso phiestudium belegte ich auch Vorlesungen bei Karl und Hugo Rahner und bei Josef Andreas Jungmann,in dessen Seminar ich Einblick in die Reform der Karwochenund Oslerliturgie bekam. Alle drei halten zentrale Perspektiven der späteren Konzilsthcologie vorweggenommen (und waren deshalb zeitweise in Konflikt mit Rom geraten). Im Jalir 1959 holte Karl Ralmer mich in die Redaktion des von ilun herausgegebenen Lexikons fvlr Ilieologie und Kirche, dessen Theologie schon vor dem Konzil weit über das Konzil hinauswies. Da Rahner selbst viel in Freibiu-g war, crfuliren wir vor und während des Konzils aus nächster Nähe, wie es in Rom lief. Ein Laientheologe für das Seelsorgeinstitut und den „Seelsorger" Am 21. August 1964 starb der Leiter des österreichischen Seelsorgeinstituts und Hauptschriflleiter des „Seelsorger", Prälat Dr. Karl Rudolf. Drei Wochen später erreichte mich in Freiburg die Einladung aus Wien, als Hauptschrifllei ter des „Seelsorger" und als „\rissenschafllicher Sekretär" des Öster reichischen Seelsorgeinstituts einen Teil der wichtigen Aufgaben Prälat Rudolfs zu übemelunen. Kardinal König wollte für diese Aufgaben nicht mehr einen Priester freistellen; man solle doch nach einem geeigneten Laien suchen.(LaieiU/ieo/oge« gab es damals - außer einigen laisierten Prieslcm, die aber nicht in Frage kamen - noch kaum). Auf der dritten Session des Konzils legte der Kardinal seinen Mitbi schöfen den Vorschlag für die Neugestal tung des Seelsorgeinstitutes und für meine Bestellung vor. Da mich Erzbischof Roliracher und BischofRusch näher kaimten und offenbar auch für mich sprachen, stiimnten die Bischöfe zu. Die Neugestaltung des Seelsorgeinsti tutes und des „Seelsorger" sah für beide Einrichtungen eine kollegiale Leitung vor, womit ein wichtiges Anliegen des Konzils schon in der Struktur gnindgelegt war. Im ersten Vorstand des Österreichischen Seclsorgeinstitutes waren folgende Persönliclikeiten vertreten: der Konzilstheologe Ferdinand Kloslermann, der Akadcmikerseelsorger Otto Mauer, der Caritasdirektor Leopold Ungar, der Innsbnicker Regens Gottfried Griesl, der Rektor des Bildungshauses Puchbcrg, Msgr. Karl Wild, der Linzer Sozialwissenschafller Walter Suk, der Grazer Liturgiker Karl Amon imd der Vorsitzende; Pfarrer Erwin Hesse (bis 1967). Diesem folgten als Vorsitzende der bmsbrucker Seelsorgeamtsleiter und Ordinariatskanz ler Msgr. Hans Joachim Schraimn (bis 1969), der Linzer Studentenseelsorger und Pastoraltheologe Wilhelm Zauner (bis 1974), der Direktor des Linzer Pastoral amts Msgr. Josef Wiener (bis 1984), Msgr. Rudolf Schwarzenberger, zuerst Direktor des Pastorarlamts Wien und daiui Pfarrer in Wien-Mauer (bis 1990), Msgr. Horst Michael Rauter, zuerst Seel sorgeamtsleiter in Klageiifiirt, dann Dompfarrer (bis 1994) imd Msgr. Alois Schwarz, Direktor des Pastoralamts Wien. Als bischöfliche Referenten standen uns in vielerlei Hinsicht bei: der Grazer Bi schof Josef Schoiswohl, der St. Pöltner Weihbischof Alois Stöger, der Linzer Weihbischof Alois Wagner, der Grazer Bischof Johann Weber, Erzbischof Georg Eder, Salzburg. Ilmen fiel vor allem die Aufgabe zu, die Vorlagen der Pastoral kommission bei der Bischofskonferenz zu vertreten, was in unterschiedlichem Maß gescliah. Aus all dem geht hervor, daß auch die Leitungspersonen fast aus allen österreichischen Diözesen kamen. Ich selbst war als Generalsekretär Mitglied des Vorstandes imd hatte dessen Beschlüsse durclizufüluen und war für die laufenden Geschäfte verantwortlich. Dabei gab es eine enge Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Vorsitzenden, der seinerseits die Sitzungen des Vorstands, die Symposien und Pastoraltagungen und ab 1969 auch die Sitzungen der Pastoral kommission leitete. Ähnlich war ich auch als Chefredakteur des Seelsorger an die BescMüsse der Redaklionskonferenz ge bunden. Mir selbst bot diese Struktur - obwohl ich zunächst in beiden Gremien der einzige Laie war - ein breites selb ständiges Tätigkeitsfeld. Ich habe die konziliare Idee der kollegialen Verantwor tung in diesen fast 30 Jahren als äußerst positiv erlebt. Ganz selten - gegen Ende zu etwas stärker - kam es vor, daß die Ar beit durch fehlende Bereitschaft zum Dialog von selten einzelner Mitglieder oder Mitarbeiter eingeengt wurde. Beginn der Arbelt mit der Umset zung der Konzilsbeschlüsse Unsere Arbeit hatte sofort mit der Um setzung des Konzils in das Leben der Kirche von Österreich zu tun. Die erste „Weihnachts-Seelsorgertagung" widmete sich der „Liturgie der Gemeinde", die zweite „Gottes Wort in imsre Zeit" und die dritte dem Tliema ,dCoinonia - Kirche und Brüderlichkeit". Theologische Tage, Symposien und Arbeitskreise behandelten verschiedene Einzelfragen, die auch auf dem Konzil eine große Bedeutmig hatten. So gab es im Seelsorgcinstitut von Anfang an einen Arbeitskreis Diakonal, und ich selbst war an der Vorbereitung des Internationalen Diakonatskongresses beteiligt, der Ende Oktober 1965, mitten während der letzen Sitzungsphase des Konzils, unter Teilnalune zahlreicher Konzilsväter in Rom abgehalten wurde und der sicher dazu beitrug,dem Anliegen der Wiedereinfülining des Ständigen Diakonatszum Durchbruch zu verhelfen. Noch wälirend des Konzils begannen die Überlegungen, ob zur Umsetzung der Konzilsergebnisse in Österreich vielleicht eine Art Nationalsynode durchgeftthrl werden sollte. Da aber nach geltendem Kirchenrecht Snyoden nur aus Bischöfen und Priestern bestanden hätten, wälirend das Konzil doch mit der Idee des Volkes Gottes auch die Laien grundlegend aufwertete, verwarf man diese Idee wie der. So richtete die Bischofskonferenz eine „Postkonziliare Studienkommission" ein, die in enger Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Seelsorgeinstiut wichtige Fragen bearbeiten sollte, Die aus dem ÖSI-Vorstand, aus Priestern und Laien aus allen österreichischen Diözesen beste hende Kommission begaim mit den Themen „Situation und Strukturen der Kirche", „Verkündigung", „Dienst imd Leben der Priester" imd ,J'riesterbildung". In zahlreichen Ar beitsgruppen und auf verschiedenen Ta gungen wurde von 1966 bis 1968 viel gearbeitet. Die Ergebnisse wurden in der Studienkommission eingehend beraten und dami den Bischöfen zugeleitet. Da manche Vorschläge, insbesondere jene über die Ausbildung der Priester, über die Lockerung der Zölibatsverpflichtung und 50

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