hatte. Für viele Bischöfe war das große Inter esse der „Welt" am Konzil überraschend, das doch im letzten nichts anderes war als eine Antwort der „Welt" auf das Ver trauen, das Papst Johannes XXIII. ihr entgegenbrachte. Die Erwartung der Welt richteten sich allerdings nicht oder nur zu einem kleinen Teil auf Aussagen der Kirche über sich selbst, sondern es galt, die Frage zu beantworten: Inwieweit die Kirche von heute in der Lage ist, sich mit der konkreten Menschheit und ihren aktuellen Problemen auseinanderzusetzen. Hier hat sich das Konzil - trotz aller Schwierigkeiten - bewährt und hat mit diesem Dokument gewissermaßen höchstamtlich den Dialog aufgenonunen, mit all jenen, die ihr institutionell nicht angehören. Einen Dialog, der in der Auf zeigung einer gemeinsamen Basis, in der Bereitschaft zum Hören und gegenseitigen Lernen besteht, verbunden mit dem Ein geständnis eigener Unkermtnis und Feh ler. Und schließlich der Versuch, in der komplexen Situation des heutigen Men schen in seiner Welt,konkrete Weisungen zu geben, die nicht nur die Glieder der Kirche betreffen,sondern sich letztlich als Einladimg an alle Menschen richten. Im Vorwort stellt das Konzil, gleichsam als Auftakt des Gespräches, fest, daß ,Jreude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute" auch .J'reude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi" sind. So besteht die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute aus zwei Teilen, die zusammen ein Ganzes bilden. Im ersten Teil entwickelt die Kirche ilue Lelire vom Menschen, von der Welt, in die der Mensch eingefügt ist und von ihrem Verhältnis zu beiden. Im zwei ten Teil betrachtet sie näher die verschie denen Aspekte des heutigen Lebens und der menschlichen Gesellschaft. XIV. Das Dekret über Dienst und Le ben der Priester „Presbyterorum ordinis" ist aus 17 Entwürfen hervorgegangen, die die Vorkonziliare Kommission für die Disziplin des Klerus und des christlichen Volkes erstellt hatte. Nach mehrmaliger .'Ablehnung und der Einarbeitung von über 10.000 Änderungsvorschlägen ergab die feierliche Schlußabstimraung am 7. De zember 1965 2390 Ja- gegen 4 Neinstim men; die Verkündigung erfolgte am sel ben Tag. Das Dokument versucht eine theologi sche Ortsbestimmimg des Priesters, spricht gleich zu Beginn vom gemeinsa men Priestertum aller Glaubenden und schildert in der Folge die den Priestern eigene Würde und Aufgabe. Eigens weist das Konzil auf das „Weltverhältnis" der Priester hin, die ja mitten unter den Men schen leben. In den folgenden Kapiteln werden der priesterliche Dienst und das priesterliche Leben behandelt. Der Schluß des Dekretes spricht nüchtern von der schwierigen Situation der Priester heute, die diese nicht selten zur Mutlosigkeit verleitet, vermeidet aber billigen Trost, sondern dankt - mit dem Hinweis auf Jesu Wort- den Priestern für ihre Hoff nung, ihren Glauben und Ihre Liebe, trotz aller Müllseligkeiten. XV. Das Dekret über die Missions tätigkeit der Kirche„Ad gentes"war nach 7 aufeinanderfolgenden vorkonziliaren Fassungen 1963 entworfen, 1964 auf 14 Leitsätze reduziert worden. In der Folge gänzlich neu bearbeitet, wurde es in der 4. Periode im Oktober 1965 wiederum dis kutiert; nach einer weiteren Änderung des Abschnittes über die Organisation der Missionstätigkeit ergab die feierliche Schlußabstimraung am 7. Dezember 1965 2394 Ja- gegen 5 Neinstimmen, die feier liche Verkündigung geschah am selben Tag. Kapitel 1 des Dokuments gibt eine theologische Grundlegung der Mission. Der Heilsplan Gottes verwirklicht sich nicht nur in der Innerliclikeit des Men schen, Gott ,4iat vielmelir beschlossen, aufeine neue und endgültige Weise in die Geschichte der Menschen einzutreten ;so wollte er Frieden und Gemeinschaft mit sich herstellen und brüderliche Verbundenlieit unter den Menschen, die doch Sünder sind, stiften"(AG, Nr. 3). In der Folge wird eine Definition der „Missionen" gegeben, wobei eine rein kirchenrechtlich-institutionell-territoriale Definition der Missionen überwunden, Evangelisierung und .Einpflanzung" der Kirche in anderen Kulturen beschrieben wird. Der „ökumenische" Aspekt der Mission wird besonders hervorgehoben: das Zeugnis der Cliristen muß einmütig sein, ein Appell also an die Überwindung der Spaltung der Christenheit selbst. Bei aller Einigkeit über die Notwen digkeit der Missionstätigkeil, die ja in der Verfügung Gottes gründet, der die Heils notwendigkeit von Glaube, Taufe und Kirche gewollt hat, trifft das Konzil doch die theologisch sehr wichtige Feststellung: „Wenngleich Gott Menschen, die das Evangelium ohne ihre Schuld nicht ken nen, auf Wegen, die er weiß, zum Glau ben füliren kann, olme das es unmöglich ist, ilim zu gefallen (Hebr 11,6), so liegt doch auf der Kirche die Notwendi^eit (vgl. 1 Kor 9,16)und zugleich das heilige Recht der Evangeliumsverktlndigung" (AG, Nr. 7). Hier wird der Emst der Sendung der Kirche in keiner Weise geschmälert, aber dennoch die Mis sionspflicht weniger übertrieben auf Quantität der Leistung fixiert dargestellt. Somit hat dieses Dekret-trotz allem-in der Ortsbestimmung der Mission großes geleistet. Am größten war wohl sein Mut in der Forderung nach Reform der „Propaganda Fide"- Kongregation. XVI.Die Erklärung über die Religions freiheil „Dignitatis humanae" gehörte ursprünglich als 5. Kapitel zum Schema über den Ökumenismus, das vom Einheitssekretariat erarbeitet worden war, Der Text über die Religionsfreiheit wurde, zusammen mit dem früheren 4. Kapitel über die Juden zunächst - nicht vom Konzil - in den Anhang des Öku menismusschemas verwiesen, später ganz davon getrennt, inhaltlich sechsmal über arbeitet und im September 1964 einge hend diskutiert. Eine Abstimmung in der dritten Sitzungsperiode erfolgte „aus Zeitmangel" nicht. 1965 wurde ein neuer Text vorgelegt, der, abgestimmt und im Oktober 1965 noch einmal verändert, schließlich am 7. Dezember 1965 mit 2308 Ja- gegen 70 Neinstimmen und 8 ungültigen Stimmen aus der feierlichen Schlußabstimmung kam und am gleichen Tag feierlich verkündet wurde. Papst Paul VI. hatte persönlich im Hin tergrund mitgeholfen, dieses vielum kämpfte Dokument trotz aller Wider stände zu einem positiven Abschluß zu bringen. Bis in die Zeit des Konzils, noch im 9. Kapitel des Entwurfs „Über die Kirche", 1962, konnte man die Auffas sung hören, die im 19. Jahrhundert be sonders deutlich formuliert wurde und die als Inbegriff katholischer Intoleranz galt, und zwar: Ist die Mehrheit der Menschen in einem Staat katholisch, dann muß der Staat ebenfalls katholisch sein. Für die Bekermer eines anderen Glaubens gibt es kein Recht,diesen öffentlich zu bekennen. Der Staat kann und muß unter Umständen aber wegen des Gemeinwohles ihr Be kenntnis tolerieren. Ist die Mehrheit der Menschen in einem Staat nichtkatholisch, dann hat sich der Staat nach dem Natur recht zu richten und hat sowohl den ein zelnen Katholiken als auch der Kirche alle Freiheit zu lassen. In dieser Auffassung ist Toleranz bloße Duldung und keine Rede von eigentlicher Religionsfreiheit.-In der Folge bevollmächtigte Papst Johannes XXni. das Einheitssekretariat, sich dieses Themas aufdem Konzil anzunehmen. Die fünfte Textfassung erhielt dann je nen Untertitel, der dem Dokument heute beigegeben ist und der zum Verständnis des Inhalts wesentlich beiträgt, nämlich: „Erklärung über die Religionsfreiheit. - Das Recht der Person und der Gemein schaften auf gesellschaftliche und bür gerliche Freiheit in religiösen Dingen"". Kardinal König bringt die offenbar für viele ursprünglich - und auch heute noch - schwer verständliche Problematik auf den Punkt, wenn er ausführt: ,JBei diesem Thema ging es nicht um Freiheit von Religion, sondern um Freiheit filr Reli gion; es ging praktisch darum, in jenen Staaten, in denen die katholische Kirche eine privilegierte Stellung hatte, auf diese zu verzichten und ihr sozusagen die glei che Bedeutung zuzuerkennen wie den nichtkatholischen Kirchengemeinschaften. Es ist verständlich, daß damals Italien, Spanien und mehrere südamerikanische Staaten sich nicht vorstellen konnten, daß eine Kirche, die nicht offiziell vom Staat getragen wird, auch weiter existieren kaiui. Die Gegner dieser „privilegierten" Stellung der Kirche waren - wohl aus praktischer Erfalirung - vor allem die Bischöfe der Länder hinter dem Eisemen Vorhang und die Bischöfe der USA. Sie traten dafür ein, daß die Religionsfreiheil so interpretiert werden müsse, daß sie nicht nur für katholische Christen, son dern auch für nichtkatholische Christen in 47
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