und zusammen mit dem Text über die Religionsfreiheit in den Anhang des Ökumenismusschemas versetzt. Eine im September 1964 vorgelegte neue selb ständige Fassung war so abgeschwächt, daß eine neuerliche Bearbeitung gefordert wurde. Verschiedene Versuche, das Schema der Zuständigkeit des Einheits sekretariates zu entziehen, scheiterten. Schließlich wurde im November 1964 ein neuer Text vorgelegt, der Ausführungen auch über andere nichtchristliche Religio nen enthielt imd bestrebt war, Mißver ständnisse auszuräumen und auch die Gegner zu gewinnen. Deren Zahl blieb in den Spezialabstimmungen im Oktober 1965 meist unter 200, stieg allerdings bei der Gesamtabstimraung über das Doku ment auf250 an; die feierliche Schlußab stimmung am 28. Oktober 1965 ergab daim schließlich 2221 Ja- gegen 88 Nein stimmen; am gleichen Tag wurde die Erklänmg feierlich verkündet". Heute kann man sagen: Dieses kürze ste Konzilsdokument ist zugleich eines der wichtigsten und steht nach seiner inneren Dynamik in der Geschichte der Kirche, ihrer Konzilien und ihrer Theolo gie einzigartig da. Zum ersten Mal wird von einem Konzil der katholischen Chri stenheit ein deutlicher Hinweis auf Ge schichte und Bewertung der anderen Religionen gemacht: ,J)ie Menschen erwarten", so heißt es im Text, „von den verschiedenen Religionen Antwort auf die ungelösten Rätsel des menschlichen Da seins,die heute wie von je die Herzen der Menschen im tiefsten bewegen: Was ist der Mensch? Was ist Sinn und Ziel unse res Lebens? Was ist das Gute, was die Sünde? Woher kommt das Leid imd wel chen Sinn hat es? Was ist der Weg zum walircn Glück? Was ist der Tod, das Gericht imd die Vergeltung nach dem Tode? Und schließlich: Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz,aus dem wir koimnen und wohin wir gehen?"(Nostra aetate,Nr. 1) So wird in Artikel 1 zunächst festge halten, daß es ein Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen gibt, das nicht den missionarischen Weg zu gehen hat; damit bezweifelt das Konzil weder das Selbstverständnis der Kirche als der „einzig wahren", noch ilue dring liche Verpflichtung zur Mission; es eröff net aber eine Perspektive zu größerer Gelassenlieit in der Mission selbst wie auch zu einer ganz neuen Missionsme thode, nämlich unter der Voraussetzung einer geduldigen und positiven Koexi stenz der Kirche mit den anderen Reli gionsgemeinschaften und in einem Dialog mit diesen als solchen*'. Der 2, Artikel erkemit in klaren und eindeutigen Worten die religiöse Erfah rung der verschiedenen Völker als au thentisch an, insofern sie Erfahrung einer verborgenen Macht,eines höchsten Gottes oder sogar eines Vaters ist. Der 3- Artikel, wiewohl zunächst wohl eher aus taktischen Erwägungen zustandegekonunen, spricht voller Hochachtung vom Islam und ruft ziu Zusammenarbeit auf: Im Hinblick auf verschiedene Feind schaften vergangener Jahrhunderte zwi schen Christen imd Muslira „ermahnt die Heilige Synode alle, das vergangene beiseite zu lassen, sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemühen und gemeinsam einzutreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Men schen"(NA,Nr. 3). Darüber hinaus aber war es die er klärte Absicht Johannes XXIII., der Feindschaft zwischen Juden und Christen ein Ende zu setzen, um damit die Kirche von dem Vorwurf des Antisemitismus zu befreien. So bringt der 4. Artikel jenes Tliema zur Sprache, um dessentwillen die ganze Erklärung entstand: das Verhältnis von Juden und Cliristen. Hier gab es melir zu bereinigen als nur eine grausame und unbewältigte Vergangenheit. Der un menschliche und unchristliche Antisemi tismus erhielt bis zum Zeitpimkt des Konzils irmner wieder neue Nahrung aus Katechese, Predigt und vielen Bestandtei len der katholischen Liturgie. Was bis dato fehlte, war eine „Theologie Israels". Diese Problematik versucht das Konzil nun hier zu bereinigen, indem es darauf hinweist, daß der Glaube, die Erwählung und die Bemfung der Kirche in Israel ihren Anfang habe; daß Jesus dem Fleisch nach ein Jude ist; daß-nach dem Zeugnis des Apostels Paulus die Juden iimner noch von Gott geliebt sind,da doch „seine Gnadengaben und seine Berufung imwiderruflich" sind; diese Betonung des Heilswillen Gottes ist von großer Bedeu tung, denn daraus ergibt sich folgerichtig, daß die Juden niemals als „verworfen" bezeiclmet werden dürfen. Eine wichtige Voraussetzung für eine solche Erkeimtnis ist das gegenseitige Wissen voneinander und gegenseitige Achtung.- Und so kam es zu dieser Erklärung, von der Karl Rahner meinte, daß sie nach iluein heute vorliegenden „Wortlaut und nach ihrer inneren Dynamik in der Geschichte der Kirche, ilirer Konzilien und ilirer Theolo gie einzigartig ist".- Ganz wichtig, nicht zuletzt im Lichte der jalirhundertelangen, leidvollen Ge schichte, heißt es schließlich, in histori scher Argumentation: „Obgleich die jüdi schen Obrigkeiten mit ihren Anhängern auf den Tod Christi gednmgen haben, karm man dennoch die Ereignisse seines Leidens weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied, noch den heuti gen Juden zur Last legen"(NA,Nr. 4).- Und schließlich formuliert das Konzil die entscheidende Schlußfolgerung: „Im Bewußtsein des Erbes, das sie mit den Juden gemeinsam hat, beklagt die Kirche, die alle Verfolgungen gegen irgendwelche Menschen verwirft, nicht aus politischen Gründen,sondern auf Antrieb der religiö sen Liebe des Evangeliums alle Haßaus brüche, Verfolgungen und Manifestatio nen des Antisemitismus, die sich zu ir gendeiner Zeit luid von irgend jemandem gegen die Juden gerichtet haben. Und deshalb verwirft die Kirche jede Diskri minierung eines Menschen oder jeden Gewallakt gegen ilin um seiner Rasse oder Farbe, seines Standes oder seiner Religion willen, weil dies dem Geist Christi widerspricht"(NA,Nr. 5). XI. Die dogmatische Konstitution Ober die göttliche Ojfenbanmg „Dei Verbum" entstand als Nachfolgerin eines Textes,an dem sich die Geister schieden und das Konzil sein Selbstbewußtsein fand. Ur sprünglich war von der Theologischen Vorbereitungskommission ein Schema „Über die Quellen der Oflenbanmg" vorgelegt worden, das Mitte November vom Konzil sehr kritisch diskutiert wurde. Auf Wunsch Johannes XXIII. erstellte eine neue, gemischte Kommission im Frühjahr 1963 einen ganz neuen Text „Über die göttliche Offenbarung", der dami Ende 1964 dem Konzil vorgelegt werden konnte. Über eine vierte Variante wurde im September 1965 abgestimmt. Die feierliche Schlußabstimmung am 18. November 1965 ergab 2344 Ja- gegen 6 Neinstimmen; am gleichen Tag wurde die dogmatische Konstitution feierlich ver kündet. Dieser endgültige Text ist mm eine „dogmatische Konstitution". Obwohl das Konzil keine neuen Dogmen definieren wollte, stellen doch seine dogmatischen Konstitutionen Aussagen des höchsten Lelirarates dar, die das Gewissen des katholischen Christen binden. Und dennoch läßt diese Konstitution, die sich wie nie zuvor intensiv mit dem Wort Gottes und der Heiligen Schrift befaßt hat, die Forschungsfreiheit der Exegeten bestehen und anerkennt die Legitimität ihrer wissenschaftlichen Me thoden. Sie greift nicht verurteilend in die innerkatholischen Kontroversen ein und sie unterbindet nicht den ökumenischen Dialog über Sclirift und Tradition. XII. DasDekret über das Laienupostolat „Apostolicam actuositatem" entstand in einer vorkonziliaren Kommission über das Laienapostolat, die keine Entspre chung in den traditionellen Kongregatio nen der römischen Kurie hatte. Laien gehörten ihr nicht an. In der dritten Sit zungsperiode im Oktober 1964 wurde die vierte Fassung des Textes diskutiert, nach Einarbeitung zahlreicher Änderungsvor schläge ergab die Abstimmmig am 18. November 1965 2340 Ja- gegen 2 Nein stimmen; am gleichen Tag wurde das Dekret feierlich verkündet. XIII. Die pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute „Gaxidium et spes" wurde in acht Text fassungen erarbeitet. Ein Vorspiel dazu war die Botschaft der Konzilsväter an die Welt vom 20. Oktober 1962. Im Dezem ber 1965 wurde über die 8. Textfassung abgestimmt. Die feierliche Schlußabstinunung am 7, Dezember 1965 ergab 2309 Ja- gegen 75 Neinstimmen, die feierliche Verkündigung fand am gleichen Tag statt. Dieses Dokument hat, melu" als jedes andere, seinen Ursprang im Konzil selbst, nachdem sich sein Text in hohem Maß von den vorbereiteten Entwürfen gelöst 46
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