Wiener Diözesangeschichte 1960 - 1996

letzte Kapitel war Gegenstand heftiger Diskussionen: die Auffassungen gingen ausemander, eine nicht sehr große Siimmeiunelirheit-ihr Sprecher war Kardinal König, - sprach sich gegen ein eigenes Konzilsdok-ument über die Gottesmutter aus und veranlaßte so das Konzil, eine konziliare Aussage über die Gottesmutter als wichtigen Aspekt der Kirche selber in die Kirchenkonstitution einzufügen. IV. Das Dekret über die katholischen Ostkirchen „Orientalium Ecclesianim" ist das Ergebnis einer Zusaimnenfassung von 15 vorkonziliaren Entwürfen. Ende November 1964 wurde das melu-fach überarbeitete Dekret angenoimnen. Die feierliche Schlußabstiminung am 21. November 1964 ergab 2110 Ja- gegen 39 Neinstimmen, die feierliche Verkündigmig fand am gleichen Tag statt. Das Dekret richtet sich nicht an die ortliodoxen Kirchen, es spricht die soge nannten „Unierten" an. Das Problem der sogenaiuiten „luiierten" Kirchen belastet das Verhältnis der lateinischen Kirche zu den orthodoxen Kirchen schwer, da die Orthodoxie diese Unierlen als „unlautere Konkurrenz" in iltren Territorien betrach tet. Umgekehrt wurden die „unierten" Kirchen für ihre Treue von Rom meist schlecht belohnt.Zur faktischen Änderung dieser Mentalität trug vor allem die per sönliche Haltung Johannes XXIII. gegen über den Ostkirchen bei. Vor diesem Hinlergrund erklärt sich die Textgeslalt des Dekrets. V. Das Dekret über den Ökumenismus „Unitatis redintegratio" wurde im De zember 1962 aus drei Textenlwürfen unterschiedlicher Herkunft zu ökumeni schen Fragen in einem einzigen Text zusammengefaßt. Das Schema dieses Dekrets stand unter der Verantwortung des Sekretariates für die Fördenmg der Einlteit der Cliristen. Es entliielt zunächst 5 Kapitel; Nr.4(Verhältnis zu den nichtclmstlichen Religionen) und Nr. 5 (Religionsfreiheit) entwickelten sich später zu eigenen Konzilserklärungen. Die drei verbliebenen Kapitel wurden am Ende der D. Periode (1963) diskutiert, nach verschiedenen Abändeningen in der in. Konzilsperiode 1964 detailliert abgestiimnt, und nach erfolgter Aiuialune diuch das Konzil auf Weisung des Papstes an 19 Stellen im Text abgeändert. Die feierliche Schlußabstinummg am 21. November ergab 2137 Ja- gegen 11 Nein stimmen, die feierliche Verkündigung erfolgte am gleichen Tag. ht seinen drei Kapiteln befaßt sich das Dekret mit den katliolischen Prinzipien der Ökumenischen Bewegung, mit der praktischen Verwirklichung der ökumeni schen Arbeit und schließlich mit der Beschaffenlieit der gctremiten Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften und den sich daraus ergebenden Konsequenzen ftlr die Teilnahme der Katholiken an der Ökumenischen Bewegung. VJ. Das Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe in der Kirche „Christus Dominus" geht auf 7 Entwürfe zurück, die, nach der ersten Sitzungsperiode 1962 auf 2 reduziert, 1963 diskutiert und zu einem einheitlichen Schema zusammenge faßt, am Beginn der dritten Periode 1964 vorgelegt wurden.Im Oktober 1965 wurde schließlich über das Schema abgestimmt. Die feierliche Schlußabstimmung am 28. Oktober 1965 ergab 2322 Ja- gegen 2 Neinstimmen;am gleichen Tag wurde das Dekret feierlich verktlndet. VII. Das Dekret über die Ausbildung der Priester „Optatam totius" ist entstan den aus einem Text„Über die Ausbildung der Seminaristen" und wurde, in Gestalt eines Kurzschemas von 22 Leitsätzen, im November 1964 diskutiert und angenom men. Die feierliche Schlußabstimmung am 28. Oktober 1965 ergab 2318 Ja gegen 4 Neinstimmen; am gleichen Tag fand die feierliche Verkündigimg statt. VIII. Das Dekret über die zeitgemäße Enieuentng des Ordenslebens „Perfectae carilatis" ging aus einem langen vor konziliaren Text „Über die Stände der zu erlangenden Vollkommenheit" hervor, woraus 1964 ,Leitsätze über die Ordens leute" erstellt wurden. Die überarbeitete Fassimg der Leitsätze wurde in der dritten Periode im November 1964 diskutiert und erfulir mit über 14.000 Ändenmgsvorschlägen einen Rekord. Die nächste Fas sung wurde im Oktober 1965 detailliert abgestimmt. Die feierliche Schlußab stimmung am 28. Oktober ergab 2321 Ja gegen 4 Neinstimmen; die feierliche Verkündigung des Dekretes erfolgte am gleichen Tag. Dieses Schema ging aus von dem in Kapitel 6 der Kirchenkonstitution entwikkelten Vollkommenlieitsideal. Es ver pflichtet die verschiedenen religiösen Gemeinschaften, aus ihrer Ordensüberlie ferung das Wesentliche und Ursprüng liche herauszuschälen, gewissermaßen zu den Wurzeln (der Gründer) zurückzukeh ren. IX. Die Erkläning über die christliche Etziehung „Gravissimum edttcationis" ist die vierte Fassung eines Textes, der aus dem vorkonziliaren Schema über die katholischen Schulen hervorging. Sie wurde in der dritten Sitzungsperiode 1964 diskutiert und angenommen, im Oktober 1965 noclmials vorgelegt. Die feierliche Schlußabstiminung am 28. Oktober 1965 ergab 2290 Ja- gegen 35 Neinstimmen; die feierliche Verkündigung fand am gleichen Tag statt. X. Die Erklänmg über das VerhülPiis der Kirche zu den nichtchristlichen Reli gionen „Nostra aetate" wurde in seiner Urfassung schon im Jahre 1960 auf per sönlichen Wunsch Papst Johannes XXni. vom Sekretariat für die Förderung der Einlieit der Cliristcn, und hier vor allem federfülirend von Johannes Oesterreicher, dem Direktor des Institutes für christlichjüdische Zusammenarbeit in Seton Hall, N.J., ausgearbeitet und im Juni 1962 der Zentralkommission vorgelegt, Dieses Dokument war ein persönliches Anliegen des Papstes. Vor seiner Ernennung zum Patriarchen von Venedig M'ar Angelo Roncalli wäh rend der Zeit des Nationalsozialismus im diplomatischen Dienst der Kurie in Bul garien und der Türkei tätig gewesen und hatte aus eigener Anschauung das Drama der Judenverfolgung erlebt. Mit persön lichem Einsatz rettete er damals Tausende vor Deportation und Vernichtung. Die Juden haben ihm das nie vergessen und richteten später ihre Hoffnungen auf das Konzil. Als Papst ließ Johannes XXIII. bereits am 21. März 1959, am ersten Karfreitag seines Pontifikates, die verletzenden Worte der Großen Fürbitten: „Oremus et pro perfidis Judaeis"(Laßt uns auch beten für die treulosen Juden...)aus dem liturgi schen Text ausmerzen; am 5. Juli 1959 erließ die Ritenkongregation folgerichtig eine Verfügung, daß diese Änderungen nicht nur für die Kirchen Roms, sondern für die Gesamtkirche zu gelten haben. Und wo es früher hieß: „Gott, du schließt sogar die treulosen Juden von deiner Erbarmung nicht aus. Erhöre unsere Gebete, die wir wegen der Verblendung jenes Volkes vor dich bringen...", da lautet heute der Text: ,4^t uns auch beten für die Juden,zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen,damit sie das Ziel erreichen,zu dem sein Ratschluß sie führen will. - Allmächtiger, ewiger Gott, du hast Abraham und seinen Kindern deine Verheißung gegeben. Erhöre das Gebet deiner Kirche für das Volk, das du als erstes zu deinem Eigentum erwälilt hast..." - Diese Sätze und das dahinter stehende Bild vom Gcttesvolk Israel sind eine eindeutige und heute von niemandem mehr kritisierte Folge des Konzils!^' Aber der Weg bis dorthin war lange " und mühsam: Denn die durch eine Indis kretion im Jahre 1961 bekannt gewordene Arbeit des Einheitssekretariates an einem ursprünglich gegen den Antisemitismus gerichteten Text rief den erbitterten Wi derstand der arabischen Staaten hervor, die eine internationale Aufwertung des damals noch nicht gefestigten Staates Israel zuungunsten der Araber befürchte ten und politische Konsequenzen androh ten. Auch die Bischöfe der arabischen Länder, eingeschüchtert durch Drohungen der arabischen Staaten, widersetzten sich, es wurden antisemitische Flugscluiften gegen die angebliche ,jüdisch-freimaure rische Verschwörung" verteilt; auf der anderen Seite aber hatten sich deutsche Katholiken in einer Bittschrift an den Papst für eine Erklärung eingesetzt'*-'. Alles in allem eine kritische Phase: ver schiedenste Gruppierungen versuchten, von außen auf das Konzil Einfluß zu nelunen. Aufgnmd einer Intervention Kardinal Beas beim Papst wurde der Textenlwurf im November 1963, in der zweiten Sit zungsperiode, als Kapitel IV des Ökumcnismusschemas vorgelegt, aufgnmd hefti ger Einwände aber wieder ausgegliedert 45

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