schiedenen Richtungen stießen, worauf man sie vom Schema abtrennte. Letzte Abstimmungen gab es zum Dekret über die Kommunikationsmittel imd Uber die Liturgie. Beide, sowohl die Liturgiekon stitution, als auch das Dekret über die sozialen Kommimikationsmittel, wurden in der feierlichen Schltißsitzung am 4. Dezember 1963 verabschiedet, vom Papst approbiert und veröffentlicht. Damals verwendete der Papst erstmals eine neue Bestätigungsformel, welche dem Gedan ken der Kollegialität, wie sie im Kirchen schema soeben erst entwickelt worden war, Rechnung tnig; sie lautete: „Was in dieser Konstitution im gesamten und im Einzelnen ausgesprochen ist, hat die Zustimmung der Väter gefunden. Und Wir, kraft der von Christus uns übertrage nen Apostolischen Vollmacht, billigen, beschließen und verordnen es zusammen mit den Ehrwürdigen Vätern im heiligen Geiste Am Schluß seiner Ansprache kündigte Papst Paul VI., überraschend für die mei sten, eine Wallfahrt nach Jerusalem und ein Zusammentreffen mit dem Ökmnenischen Patriarchen Atlienagoras von Kon stantinopel an. Diese Wallfahrt fand, aufmerksam verfolgt von aller Welt, vom 4. biszum 6. Jänner 1964 statt und stärkte die ökiunenische Ausrichtimg des Konzils melu"als viele Worte. C. Die dritte Tagungspenode: 14. Sep tember bis 21. November 1964 Die dritte Tagungsperiode wurde mit einer von 24 Konzilsvätem gefeierten Messe,der ersten Konzelebration aufdem Konzil, eröffnet. Sie brachte den Höhe punkt, aber auch die emsteste Krise der Kirchenversammlung. In seiner Eröff nungsrede am 15. September bezeichnete Papst Paul VI. das Kirchenschema als wichtigsten Beratungsgegenstand. Dessen Abstimmmig darüber erwies sich auf weite Strecken hin schwierig; heftig um stritten blieben unter anderem das dritte Kapitel über die hierarchische Stmktur der Kirche, wie auch Kapitel 8 über die Stellung der Gottesmutter Maria inner halb der Kirche. Die Diskussion der Texte der Sche mata „Über das Hirtenamt der Bischöfe in der Kirche", vor allem aber die beiden ur sprünglich als Kapitel 4 und 5 mit dem Okuinenismus-Schema verbundenen Tex te über die Religionsfreiheit, wie auch die sogenaimte „Judenerklärung" verschärften die bestehenden Spamnmgen. Das Konzil arbeitete auf Hochtouren: Schema um Schema wurde vorgenommen, Kürzungen, Zusammenziehungen, Umstruklurienmgen erfolgten, wurden wieder di.skutiert, an die Kommissionen überwiesen ziu Einarbeitung der Modi, danach wieder vorgelegt und Abschnitt für Abscluiitt zur Abstimmung gebracht. Das Konzil hatte, wie David Seeber es treffend ausdriickt, „während der dritten Sitzungsperiode eine ungewöhnliche Dynamik entwickelt. Sie hatte den Rhythmus gefunden, der not wendig war, um die Beratimgen nicht unendlich in die Länge zu ziehen mid damit den eigentlichen Zweck des Konzils, die praktische Kirchenreform, versanden zu lassen..."". In dieser Periode des Konzils wurde auch erstmals deutlich, daß die große Meluheit des Konzils den von den Päp sten Johannes XXUI. und Paul VI. ge steckten Zielen zustimmte, daß allerdings eine zahlenmäßig eher schwache, dafür aber einflußreiche Gruppe von Konzilsvä tem zäh an den bisher vertretenen Auffas sungen festhielt. Als Folge dieser Konstel lation ereilte die neun in dieser Zeit zu diskutierenden Texte ihr Schicksal: Nur ein einziger davon, das Schema über die orientalischen Kirchen, gelangte nach kurzer Debatte ans Ziel. Die anderen Texte (über Leben imd Dienst der Prie ster, über die Mission) wurden zum überwiegenden Teil an die zuständigen Kommissionen zurückverwiesen, das Schema über das Laienapostolat erschien zu wenig präzise, die Leitsätze über die Emeiienmg des Ordenslebens, sowie über die cliristliche Erziehung zu wenig konkret. Auf hartnäckigen Widersland der ein flußreichen Minderheit stieß immer noch das Kapitel 3 der Kirchenkonstitution, in dem die ganze Spannung zwischen päpst lichem Primat und neuer Kollegialität deutlich wurde. Eine vom Papst persön lich stammende ,Nota explicaliva praevia", die jede Bceinträchtigimg des Prima tes durch die im Kapitel 3 entwickelte Lelire vom Bischofskollegium ausschlie ßen sollte, schuf am 17. November einen mühsamen Kompromiß". Stünnisch wurde dami die Generalkon gregation vom 19. November: an diesem Tag infonnierte Generalsekretär Felici die Konzilsväter, daß der Text des Ökumenis musdekretes,einen Tag vor seiner geplan ten Schlußabstimmung auf Geheiß einer „höheren Autorität" noch einmal - imd zum Teil nur stilistische, zum Teil ab-; schwächende-Änderungen erfahren habe und daher noch nicht fertiggestellt sei. Schließlich wurde aber auch hier ein, wemi auch mit einer gewissen Enttäu schung verbundener,Kompromiß erreicht. Dramatischer wurde das Tauziehen um die „Erklärung zur Religionsfreiheit" am selben Tag. Nach massiven Eingaben spanischer und italienischer Bischöfe wurde durch das rangälteste Mitglied des Präsidiums, Kardinal Tisserant, die angekündigte Abstimmung über diese abgesagt, was große Erregimg in der Konzilsaula zur Folge hatte. Eine von amerikanischen Bischöfen dem Papst überbrachte Petition mit an die 1000 Unterzeichneten erreichte lediglich die Zusicherung, daß die umstrittene Erklänmg erster Tagesordnungspunkt der vierten Sitzungsperiode sein werde. Für diese scheinbaren Freiheitsbe schränkungen des Konzils wurde gewöhn lich der Papst, der allerdings nachweislich die Bcfllrchtungen imd Wünsche der kon servativen Minderheit nicht teilte, persön lich verantwortlich gemacht. Dennoch hielt er sich öffentlich bedeckt und deckte offenbar seine Mitarbeiter. O. H. Pesch erklärt diesen scheinbaren Widerspruch einleuchtend, weim er schreibt: ,Jvlan muß, will man gerecht sein, daraus schließen, daß der Papst so handelte, wie er gehandelt hat, um zu verhindern, daß die kuriale Minderheit - mit der er ja anschließend zusammenarbeiten mußte - öffentlich in der Abstimmung durch die Melirheit des Konzils bloßgestellt wurde. Das hat der Papst in der Tat erreicht - auch die Minderheit versöhnte sich mit den umstrittenen Texten und ermöglichte so bei den Schlußabstimmungen eine übenvältigende Melirheit. Anschließend an das Konzil hat der Papst energisch die Kurienrefonn betrieben und den Bischofs rat als ständige Einrichtung geschaffen"". Immerhin konnten aber am 21. Novem ber 1964, dem Tag des Abschlusses der dritten Tagungsperiode, drei Texte ange nommen und promulgiert werden: neben dem Dekret über die kaüiolischen Ostkir chen imd dem Dekret über den Ökumenis mus mm auch die Dogmatische Konstitu tion über die Kirche „Lumen gentium", in zweierlei Hinsicht Höhepunkt und Zen trum der Konzilsentscheidungen: Höhe punkt, weil sie das Suchen der Kirche nacli iliretn Selbstvcrständnis beendete; Zentrum der Konzilsdekrete, weil aus ilir heraus nahezu alle anderen Konzilsde krete zu interpretieren sind. D. Die vierte Tagungspenode: 14. Sep tember bis 8. Dezember 1965 Am Tag der Eröfl'nung überraschte der Papst das Konzil mit der Ankündigung der Einrichtung eines Bischofsrates. Diese vierte Periode verlief im Vergleich zur dritten nihiger. Im Vordergrund stand die Arbeit der Kommissionen an der Ausfei lung der Texte. Die Gcneralkongregationen waren größtenteils mit Abstinummgen ausgeftllll, die großen Diskussionen hatten in der vorangegangenen Periode stattgefunden. Das Konzil stand unter Zeitdnick, demi diese Periode sollte die letzte sein. So wurden Zug um Zug die noch ausstehenden Dekrete zum Abschluß gebracht. Mühsam war die erneute Debatte über die Religionsfreiheit, in deren Verlauf der polnische Kardinal Wyszynski und der erst uiunittelbar davor freigelassene tschechische Kardinal Beran auf die Bedeutung dieser Erklärung gerade für die Kirche hinter dem Eisernen Vorhang hinwiesen, wonach Gewissensakte von einer rein menschlichen Gewalt letztlich weder befohlen noch verhindert werden köimen. Die Tragweite der Entscheidung, daß die Kirche von nun an zur Keimtnis nelimen sollte, daß der moderne Staat nicht melir cliristlich, sondern neutral sei, daß die weltliche Gewalt nicht mehr berechtigt,ja, wie früher manchmal,sogar verpllichtet sei, das kirchliche Heilswerk durch Zwangsmittel zu unterstützen, macht verständlich, daß diese Erklärung erst in der letzten Konzilssession publi kationsreif wurde. Sclmell und olme großen Widerspruch gingen dagegen jene filnf Dekrete: über die Hirtenaufgabe der Bischöfe, die Prie sterausbildung, die Erneuerung des Ordenslebens, die christliche Erziehimg, und schließlich die Erklänmg über das 42
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