Er sei sich nicht im klaren, ob er am Kalenberg den Vorschlag, einen Altar mit dem Mariahilfbild zu errichten,- aus führen solle, da das Volk, wenn es das Wort Mariahilf höre, unwillkürlich an das Marienheiligtum am Mariahilferberg in Passau denke. Der Pater soll ihm daher diesbezüglich nochmals einen Rat geben, er wolle seine Meinungsäuße rung zu seinen Bedenken noch abwar ten''. Datiert mit 28. Mai gehtP.Markus in seinem Brief auf alle Fragen des Kaisers ein. U.a. legt er ihm die schon empfohlene Andacht zur Muttergottes nochmals recht eindringlich ans Herz. Er solle sein Vorhaben möglichst bald ausführen, so wie er ihm alles erklärt habe. Ausdrücklich betont er: Es war dies eine Eingebung, die mir von Gott zukam, damit ich sie Euer Kaiserlichen Majestät übermittle'-''. Überzeugt,daß es sich um eine göttliche Eingebung han delte,entschloß sich Kaiser Leopold nun doch, alles auszuführen, wie ihm sein priesterlicher Freund P. Markus geraten hatte, und begann mit den Vorbereitun gen. Als er dem Fürstbischof Ernest Trautson sein Vorhaben mitteilte, stieß er schon aufSchwierigkeiten. Dieser riet ihm ab, ein erst kürzlich gemaltes Mut tergottesbild in der Prozession mittragen zu lassen. Dies sei dem Volke unbekannt und werde daher kaum Andacht erre gen. Er solle doch ein altes, dem Volke gar wohl bekanntes und von ihm sehr verehrtes Marienbild für diesen Zweck verwenden. Das Altarbild Unsere Liebe Frau, das 1493, also genau vor 200 Jah ren, von einem Wiener Bürger für den Stephansdom gestiftet wurde und sich seither großer Verehrung und Beliebt heit beim Volke erfreue, solle er für die Prozession verwenden. Eine weitere Schwierigkeit ergab sich bezüglich des Termines. Aus pastoralen Gründen riet der Bischof ab, die Feier auf den auf einen Samstag fallenden Maria Himmel fahrtstage festzusetzen. So bestimmte der Kaiser Sonntag, den 16. August,für die Feier'". Das Marienbild von St. Stephan wurde also von der Hofkirche St. Augu stin in den Dom getragen. Die Kaiserin hatte es eigenhändig mit vielen Juwelen geschmückt. Vielleicht dachte sie dabei an ihre Hochzeit, an die Stiftung der Ampel, an die vielen Bittgänge gemein sam mit Leopold,um von Maria Auxiliatrix Pataviensis die Befreiung von der Türkennot zu erflehen. In einer Predigt wurde allen Anwesenden Zweck dieser Feier und Andacht dargelegt. Daran schloß sich das Pontifikalamt an. Wäh rend der Bischof vor der Spendung der hl. Kommunion die Hostie über die Patene hielt, kniete sich der Kaiser nieder und sprach mit lauter Stimme sein Gelöbnis in lateinischer Sprache. Er selbst hatte es verfaßt und eigenhändig geschrieben. In 293 Worte hat der Kaiser alles hineingelegt, was er in diesem Gelöbnis feierlich vor dem Hof, dem Klerus und dem Volk geloben wollte. Alles, was ihm P, Marco d'Aviano seit 27. Dezember verangenen Jahres so ans Herz gelegt, ihn wiederholt daran erin nert und dazu ermuntert hatte, drückte er in folgenden 36 Worten aus: Spondeo praeterea, me ad perpetuam tanti beneficii memoriam, sancti Leopoldi sacellum in monte (iaesio, unde primo singulare Tuae protectionis auxilium in propulsandis hostibus apparuit, restauraturum, ac in eodem aram D. Virgini sub titulo auxilii Christianorum dedicaturum. (Ich gelobe zum immer währenden Gedächtnis einer so großen Gunsterweisung dem hl. Leopold die Kirche aufdem Kahlenberge,von woher bei der Vertreibung der Feinde zuerst die einzigartige Hilfe deines Schutzes sich offenbarte, wiederherzustellen und in derselben einen Altar der seligsten Jungfrau unter dem Titel Hilfe der Christen weihen zu wollen.) Nach dem Gelöbnis empfingen der Kaiser, die Kaiserin, der in Marihilf in Passau erbetene Thronfolger, nämlich der römische König Joseph, sowie die Erzherzogin Maria Elisabeth die hl. Kommunion. Der Zustrom des Volkes war enorm. Noch nie habe man einen so großen Zulaufgesehen. Das alles berich tet der Kaiser in einem ausführlichen Brief nach Padua, den er am 22. August von der Favorita aus schrieb. Diesem legte er auch die handgeschriebene Ge löbnisformel bei. In diesem Brief er wähnte der Kaiser auch,er habe vor,ein Maria Himmelfahrtsbild malen zu lassen und wolle diesem den Titel „Mariahilf' beilegen. Vielleicht hing diese erste Ab sicht des Kaisers damit zusammen, daß er die große Festfeier ursprünglich am Maria Himmelfahrtstage abhalten wollte. Das Bild wird dann, so schrieb er,in der Kapelle am Kalenberg Aulstel lung finden. Dann, das heißt, wenn der Wiederaufbau und die Restaurierung der Leopoldi Capelln abgeschlossen sind. Dies dürfte aber schon bald der Fall gewesen sein. Zugleich hat der Kaiser auch den Kallenberg(bisher 81 Schreib varianten gefunden), gleichsam um seine Liebe und Verehrung zu seinem Namenspatron Leopold, den er schon 1663 zum Landespatron erklärte, zu unterstreichen, in Leopoldsberg umbe nannt. Damit aber der Name,der an das Geschlecht der Kallenberger erinnert, nicht in Vergessenheit gerate, übertrug er ihn auf den benachbarten Sauberg bzw. Josephsberg, und legte damit den Grundstein zu dauernden historischen Mißverständnissen bis in unsere Tage. Wenn auch in der Form der Gestaltung der Feierlichkeiten einige kleine Abän derungen ohne seine Schuld vorgenom men werden mußten,so hoffe er doch - so schrieb er an d'Aviano- dem Willen des Paters der Substanz nach entspro chen zu haben". Schon während der Zeit des Wieder aufbaues der Bergkirche stellte sich Albin Ignaz Seitz (später Domherr von St. Stephan, dann Propst in Ofen, er nannter Bischof von VegHa) als Hüter des Heiligtums und erster Wallfahrts priester bis 1706 zur Verfügung. In einer Eingabe an das passauische Consistorium vom 17. 3. 1706 mit der Bitte, die Wallfahrer von dem Ordinarius loci vor behaltenen Sünden lossprechen zu dür fen, taucht(in bisher gefundenen Doku menten)zum ersten Mal der neue Berg name Leopoldsberg (Beneficiatus in Monte S. Leopoldi) schriftlich auf". Noch 1706 wurde Seitz vom neuen „Purckpfarrer" bzw. k.k. Hofkaplan Thaddäus Textor abgelöst. Von den fol genden kennen wir zwar die Namen, haben jedoch keinerlei Aufzeichnungen über ihr Wirken. Verschiedene Pfarren Wiens kamen regelmäßig zum Gnaden bild, das den Beinamen Maria Türkenhülfe erhielt, in Prozessionen. Ab und zu wurden diese von der Kaiserin-Witwe Eleonore, später auch von Maria There sia angeführt. Für diesen Fall war auch ein besonderes Zeremoniell vorgesehen. Der bei Maria Stiegen residierende Ge neralvikar des passauischen Consistoriums verständigte rechtzeitig den zuständigen Pfarrer, „den Hochwürdie in Gott geistlich, und Andächtig, auch Edl und Hochgelehrten Herrn Probsten des Löbl. Stüft, und Closters Ord. Can.Reg S. Augustini zu Closter Neuburg",damit er die kaiserliche Maje stät standesgemäß empfange. Ansonsten übernahm diese Aufgabe sein Substitut, der Stiftsherr und zu Kallenberg (heute KahlenbergerdÖrfel) residierende „Pfar rer"'". An jedem 12. September bzw. dem Sonntag vor oder danach fand im Stephansdom und in der Leopoldi Ca pelln immer ein Dankgottesdienst für die Befreiung Wiens statt-". Als 1782 das „Klosteraufhebungsge schäft" begann, schlug der damalige Schloßhauptmann, geheimer Rat und Zahlmeister Edler Albert von Mayer, der mit dem k. k. Hofkaplansbenefiziaten Philipp Jakob Obermayer und dem Dierischen Benefiziaten Andreas Jakob Obermayer Probleme gehabt haben dürfte, am 9. November in einer „Allunterthännigsten Nota" Joseph II. die „Übersetzung" des ersteren an die Schloßkapelle zu Eßling und des zwei ten an die Schloßkapelle nach Stopfen reuth, sowie die Einverleibung der Leo poldi Capelln samt Schloß und dazuge hörigen Besitzungen in den Religionsfonds vor^'.Prompt liquidierte der Mon arch pietätlos mit einem Federstrich bereits am 14. 11. die von seinem Ur großvater Leopold I. mit viel Liebe und Verehrung erbaute, von seinem Großva ter durch Nicolo Beduzzi erweiterte und von seiner Mutter Maria Theresia ver ehrte Kirche^-. Weder das Datum der Exsekrierung ist bekannt, noch wohin der Hochaltar, die wertvollen Gemälde von Roy und Jansen, das Geläute und das sonstige wertvolle Inventar ver schwunden sind. Von den drei vom Kaiserhaus gestifteten Marienbildern; Maria von Montserrat mit 335 Edelstei nen, Maria Consolatrix afflictorum und Maria Auxilium Christianorum,- letzte res ist das historisch wichtigste - kennen wir nur von diesem das weitere Schick sal. Es kam in die Kapelle des 1782 von Joseph II. gegründeten Allgemeinen Krankenhauses,ging über ins Eigentum der Stadt Wien (Hist. Museum, Inv. Nr.97.333) und überlebte alle Wirrnisse und Kriege bis auf den heutigen Tag. Verschiedene Versuche seit 1951, das für die Leopoldi Capelln aufBitten P. Marco d'Avianos von Kaiser Leopold aufgrund eines feierlichen Gelöbnisses gestifteten Gnadenbild Maria Türkenhilfe wieder 29
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